20. März 2016
Als ich angefangen habe in Málaga zu studieren, wollte ich möglichst nicht als Erasmus-Student auffallen. Klar, durch meinen deutschen Akzent habe ich mich meistens verraten. Ich habe aber versucht mich anzupassen und wollte wissen, wie sich meine spanischen Kommilitonen an der Uni verhalten und was anders ist im Vergleich zu Deutschland. Deshalb kommt hier meine etwas übertriebene Checkliste, wie ihr an spanischen Unis als Einheimische durchgeht.
- Dozenten werden mit Vornamen und Du angesprochen. Das war eine Sache, an die ich mich nur schwer gewöhnen konnte. Während in Deutschland Professoren mit ihrem Titel und Nachnamen angesprochen werden, war in Málaga das Gegenteil der Fall. Hier haben meine Kommilitonen einfach „José kannst du das nochmal erklären?“ gesagt.
- Es macht nichts aus, wenn ihr 15 oder 20 Minuten zu spät kommt. 15 Minuten zu früh sind dagegen verdächtig. Zugegeben dieser Punkt ist auch von den Dozenten abhängig. Bei den meisten war es aber kein Problem einfach 20 Minuten (manchmal kamen Studenten auch 30 Minuten) zu spät zu kommen. Es wurde nur zur Kenntnis genommen, dass man jetzt auch da ist und man hat sogar sofort die Anwesenheitsliste bekommen. In Passau dagegen wäre es undenkbar, 20 Minuten nach Unterrichtsstart in ein Seminar zu kommen ohne eine gute Entschuldigung parat zu haben. Deutsche und ihre Pünktlichkeit ist außerdem ein Klischee, das man möglichst nicht erfüllen sollte. Also bitte nicht schon 15 Minuten vor Beginn im Klassenraum sein. Fünf bis maximal 10 Minuten sind okay, aber dabei nicht den nächsten Punkt vergessen.
- Im Klassenraum zu warten ist uncool. Wenn ihr dann einen angemessenen Zeitraum zu früh an der Uni seid ist es ganz wichtig, nicht im Klassenraum zu warten. Stattdessen: Tasche und Jacke im Raum ablegen und sich zu den Kommilitonen VOR dem Klassenraum gesellen und sich dort dann gemeinsam über zu viele Hausaufgaben, die Dozenten etc. unterhalten.
- Setzt euch nicht in die letzte Reihe. In meinen Kursen in Deutschland haben sich die Räume immer so gefüllt: Die letzten beiden Reihen waren sofort belegt, dann hat sich der Raum langsam von hinten nach vorne gefüllt. Die erste Reihe blieb meistens leer. In Málaga dagegen lief es so ab: Wir Erasmus-Studenten setzen uns in die dritte Reihe (von fünf) und sind dabei gleichzeitig die letzte Reihe, weil sich alle Spanier in die ersten beiden Reihen setzen.
Hier habe ich mich mit meinen Karteikarten mal wieder als Deutsche „geoutet“ 🙂
- Verwendet bei Präsentationen keine Karteikarten und haltet die vorgegebene Zeit auf keinen Fall ein. Karteikarten sind für mich unabdingbar bei Präsentationen. Egal ob mehrere Jahreszahlen oder ein schwieriger Name: Ohne meine Notizen hätte ich oft Probleme gehabt. Spanier sehen das ein bisschen anders. Sie können ihre Präsentation fast komplett ohne Notizen halten, was mich richtig beeindruckt hat. Sie haben nur einen Notizzettel auf dem Tisch vor sich liegen. Darauf wird aber nur im Notfall geschaut. Bei Präsentationen ist es außerdem wichtig, die vorgegebene Zeit NICHT einzuhalten. Wir mussten einmal fünfminütige Kurzreferate halten. Wir Deutschen haben uns auch daran gehalten, schließlich waren wir daran gewöhnt, dass die Präsentation bei Überlänge einfach abgebrochen wird. In Málaga war das kein Problem. Egal ob 10, 15 oder auch 20 Minuten: Am Schluss war es der Dozentin egal, wie lange das Referat war. Also habt keine Angst, wenn eure Präsentation mal zu lange sein könnte.
- Am Ende der Stunde wird nicht geklatscht. Und auch nicht auf den Tisch geklopft. Man geht einfach.
Statt Brötchen gab es für mich zwischen den Stunden am Schluss auch nur noch Süßes aus dem Automaten.
- Selbstgemachte Sandwiches sind so was von gestern. Essen aus dem Automaten ist euer neuer bester Freund. Ich hatte meistens von 16 bis 20 Uhr Uni. Klar, dass man da auch einmal Hunger bekommt. Als Nicht-Einheimische hab ich mich dabei enttarnt, als ich mein selbstbelegtes Brötchen ausgepackt habe. Nachdem in Spanien die Essenszeiten anders sind: Mittagessen zwischen 14 und 15 Uhr, Abendessen ab 21.30 Uhr, brauchen sie für die Zeit an der Uni natürlich nicht viel zu essen. Stattdessen kauft man sich am Automaten Chips oder Kekse.
- Zeigt bloß nicht, dass ihr euch mit Computern auskennt. Wenn es in meinen Kursen mal Probleme mit der Technik gab, lief das meistens so ab: Nach drei missglückten Versuchen wurde entnervt aufgegeben und die „Conserjería“ (eine Art Hausmeister) gerufen, die das Problem dann lösen musste. Als einmal einer meiner deutschen Kommilitonen meinte, er wisse auch eine Lösung und den Computer innerhalb von zwei Minuten zum Laufen gebracht hat, wurde er sofort liebevoll mit den Worten „Ach du bist ja Deutscher, ihr könnt so etwas“ veräppelt.