8. November 2020
Anjos bedeutet übersetzt Engel, es ist eine Metro-Station im Stadtteil Arroios und ist auch die Gegend, in der ich mich am liebsten in Lissabon aufhalte. Nicht nur, weil es meinem eigenen Namen (Anja) so ähnlich klingt.
Anjos ist eine Gegend, in der sich eher wenige Touristen verirren. Das ist einerseits schade, weil der Stadtteil viel zu bieten hat, andererseits entsteht dadurch auch der gewisse Charme des Viertels. Es ist vielfältig, bunt und hat von allem etwas zu bieten. Von kleinen Cafés bis zu coolen Second Hand Stores. Die Touristen bleiben meistens bei ihrem Besuch eher unten am Wasser, schlendern durch die Alfama und besichtigen die große Burg, die über Lissabon wacht. Besuchen die vielen Boutiquen im Stadtteil Chiado und abends treffen sie sich in Bairro Alto, dem Ausgehviertel Lissabons (vor Corona). Ich habe mich damals für ein Auslandsjahr in Lissabon entschieden, weil ich mich im Urlaub in die Stadt verliebt habe. Obwohl ich es über die Alfama nicht wirklich hinaus geschafft. Rückblickend würde ich das Wort „verliebt“ eher in „verknallt“ ändern, denn richtig „verliebt“ habe ich mich erst jetzt, wo ich die Stadt noch einmal auf eine andere Art kennengelernt habe.
Zona de Anjos – the Place to be
Anjos ist streng genommen kein eigenes Stadtviertel sondern ist eine „Zona“ in Arroios, also wäre die richtige Bezeichnung „Zona de Anjos“. Jedoch kürzen die Portugiesen gerne alles ab und jeder versteht es, wenn man sagt „Ich wohne in Anjos“ oder „Lass uns in Anjos“ treffen. Die Lissabonner kennen die meisten Metro-Stationen und so ist auch „Saldanha“ ein beliebtes Wohnviertel und ein Treffpunkt zum Kaffee trinken, obwohl es eigentlich auch nur eine „Zona“ zwischen den Stadtteilen Arroios und Avenidas Novas und der Name der Haltestelle ist.
Aber was gibt es nun in der „Zona de Anjos“ zu entdecken und warum sollten sich Touristen auch mal vom Rio Tejo wegbewegen?
Frisch und nachhaltig
In ganz Lissabon befinden sich verschiedene Markthallen, in der frisches Obst und Gemüse, aber auch frischer Fisch angeboten wird. Die Bekannteste und vermutlich größte ist die „Mercado da Ribeira“, in der sich auch der „Time Out Market“ befindet, eine große Halle mit verschiedenen Gourmet-Foodtrucks. Jedoch bietet es sich an, für den Wocheneinkauf eher in eine der kleineren Markthallen zu gehen. Zehn Minuten zu Fuß von der Metro-Station Anjos befindet sich die „Mercado do Arroios“, die Markhalle von Arroios. Hier werden Gemüse–Träume wahr. Von frischen Kräutern über exotische Früchte und regionalen Sorten, selbst gemachte Käsespezialitäten und getrocknete Früchte bis hin zu einem großen Fleisch- und Fischangebot ist wirklich alles dabei, inklusive Spielecke für die Kleinen.
Mitten in der Stadt: es grünt so grün
Wird mir die Stadt zu viel, tauche ich ab in meine persönliche grüne Oase, ins Café Fauna & Flora. Es befinden sich mehr Pflanzen in dem Raum als Stühle und Tische zusammen, aber genau das macht den grünen Charme des Cafés auch aus. Die Smoothies werden frisch gepresst und selbst an den kalten Tagen fühle ich mich inmitten der tropischen Atmosphäre, als wäre ich im Urlaub. Obwohl das Café schon eher zu der Kategorie „Hipster“ gehört, ist das Preis–Leistungs–Verhältnis meiner Meinung nach sehr in Ordnung. Hier hab ich mich auch zum ersten Mal mit meiner Tandem-Partnerin Maria getroffen, um meine Sprachkenntnisse ein wenig zu verbessern, und sie ihre gleich mit.
Nachhaltiges Shopping-Erlebnis
Es gibt zwei Orte zum Stöbern, die ich absolut empfehlen kann. Einmal ist das der kleine Schuhladen „Couve Shoes & Vegan Goods„. Der kleine Laden hat nur für drei Leute. Obwohl es nur wenige Quadratmeter sind, ist das Angebot an Schuhen überraschend groß. Von veganen Winterstiefeln bis zu verschiedenen Turnschuh–Modellen ist alles dabei. Mein persönliches Highlight ist aber definitiv die riesige Auswahl an bunten Socken. Für meinen Aufenthalt in Lissabon habe keine warmen Schuhe eingepackt und deshalb kam ich nicht drum herum, mir ein neues Paar zu kaufen – ein Paar ausgefallene Socken habe dabei geschenkt bekommen.
Aber es gibt hier nicht nur etwas für die Füße, sondern auch für den Kopf. Eine kleine, aber feine Auswahl an Mützen, Hüten und Caps. Ebenso zu finden: vegan Duftkerzen.
Der zweite Ort zum Stöbern ist nur einmal im Monat geöffnet: Der „Anjos 70 – Art & Flea Market„. Immer am ersten Wochenende im Monat findet in der Industriehalle direkt um die Ecke vom Café Fauna & Flora, der große Vintage–Market statt. Hier verkaufen sowohl Privatpersonen Teile aus ihrem Kleiderschrank, aber auch junge Start–ups und UnternehmerInnen bieten ihre Produkte an. Zu finden sind selbst gemachter Schmuck, Batik-Tücher und kleine Kunstwerke. Es wird coole Musik gespielt, für Essen und Trinken ist gesorgt und die Stimmung bei den Leuten ist gut. Die Auswahl ist riesig und hier findet wirklich jeder etwas. Wichtig: Bargeld dabei haben, da man bei den meisten Ausstellern nicht mit Kredit- oder EC-Karte zahlen kann.
Der Vintage–Market ist immer sehr gerne besucht, selbstverständlich werden auch hier alle Corona-Maßnahmen strikt eingehalten. Es herrscht auf dem ganzen Gelände Maskenpflicht, an fast jedem Stand stehen Desinfektionsmittel bereits und dadurch, dass die Halle so groß ist, können sich alle gut aus dem Weg gehen und es kommt zu keiner Staugefahr.
Abstecher in den Orient
Ein Tag in der „Zona de Anjos“ endet. In der Früh hat man seine Einkäufe im „Mercado do Arroios“ erledigt. Hat sich dann zum Brunchen im Café „Fauna & Flora“ getroffen, um dann gemütlich bei „Anjos 70“ durch die Kleiderständer zu stöbern. Auch wenn man bereits am Morgen bei der Markthalle war, lohnt es sich, zum Abendessen wieder dorthin zurückzugehen. Denn auf der einen Seite der Halle befinden sich viele kleine Restaurants und eines kann ich besonders empfehlen, das „Mezze„. Hier warten orientalische Tapas und guter Wein auf dich. Es gibt eine große Auswahl an vegetarischen und veganen Gerichten und alles wird frisch zubereitet. Das letzte Mal, als meine Mitbewohnerin Nolwenn und ich hier gemeinsam essen waren, haben wir pro Person inklusive Trinkgeld 13 Euro fürs Abendessen gezahlt. Und auch wenn ich gerne noch eine Nachspeise probiert hätte, ich war einfach satt.