1. September 2019
Im Vergleich zu Deutschland, wo Studentenverbindungen eher verrufen sind und im Hintergrund agieren, sind die Verbindungen in den USA elementarer Bestandteil des Campus-Lebens. Ich habe einen kurzen Leitfaden zusammengestellt und mit einer Studentin über die Bedeutung der Mitgliedschaft in einer Verbindung gesprochen.
Während meiner ersten Uni-Tage an der Baylor University sind mir neben dem weitläufigen Campus und den vielen „Oh my Gosh’s“ meiner Kommiliton*Innen vor allem die zahlreichen Studierenden mit T-Shirts ihrer jeweiligen Studentenverbindungen aufgefallen. Nahezu jeder zweite trägt hier Kleidung mit den griechischen Buchstaben seiner oder ihrer Verbindung. Egal ob Alpha Phi Alpha oder Pi Kappa Phi, die Anzahl der Verbindungen scheint unbegrenzt. In den USA werden sie strikt nach dem Geschlecht getrennt und heißen Fraternities („Frats“), wenn sie männlich sind oder Sororities („Sisters“), wenn sie weiblich sind. Aber was ist dran am Mythos Studentenverbindung?
Kurzer Leitfaden:
1. Warum schließen sich Student*Innen einer Verbindung an?
Das Studium bedeutet für viele US-Studierende das erste Mal auf sich allein gestellt zu sein, weit weg von den Eltern. Eine Verbindung gibt jungen Menschen Orientierung und hilft ihnen, ihre Führungsqualitäten sowie ihre soziale Identität zu entwickeln.
2. Was sind typische Anforderungen einer Mitgliedschaft?
Gute akademische Leistungen, dauerhaftes Commitment über das gesamte Studium hinweg (z.B. 4 Jahre im Bachelor) und soziales Engagement. Des Weiteren sollten Bewerberinnen und Bewerber während ihrer Rekrutierung nicht mit Alkohol von Mitgliedern erwischt werden.
3. Wie werde ich Mitglied? – Das Aufnahmeverfahren
Die Rekrutierung findet zweimal jährlich zu Beginn des Herbst-/ Sommersemesters statt und kostet 25 $. Während der „Rush Week“ besuchen Bewerber*Innen mehrere Veranstaltungen, um die Verbindungen kennenzulernen. Es gilt stets die Regel: „Die Verbindung sucht aus und nicht andersrum!“.
Nach der Aufnahme muss man sich dem „Hazing“ unterziehen. Das „Hazing“ ist eine Initiationszeremonie, die verschiedene Rituale beinhaltet, z.B. das Tragen peinlicher Kleidung in der Öffentlichkeit. Aufgrund von Kontroversen haben viele Verbindungen es jedoch abgeschafft. Heute gilt lediglich, sich der Traditionen der Verbindung zu verpflichten, 3 bis 5 mal die Woche interne Aktivitäten zu besuchen und Events mit zu organisieren.
4. Was kostet die Mitgliedschaft?
Die Beitragsgebühr variiert zwischen 600 USD und 4000 USD pro Jahr und ist abhängig vom Status (Freshmen/Senior) und davon, ob man im Verbindungshaus lebt.
Interview mit Madeline| Junior, Baylor | Alpha Delta Pi
Warum bist Du einer Verbindung beigetreten – aus Familientradition?
Nein, meine Eltern waren in keiner Verbindung, aber in der Tat ist es für viele Schwestern eine Familientradition. Ich persönlich mag das herzliche Community-Leben und dass jede Schwester für einen da ist. Alle sind sehr offen und freundlich. Es ist ein lebenslanges Netzwerk.
Wie heißt Deine Verbindung?
Wir sind eine große Sorority und heißen Alpha Delta Pi . Wir vertreten die Werte Schwesternschaft, gute akademische Leistungen und soziale Verantwortung.
Wie wählt Ihr Eure Mitglieder aus, nutzt Ihr „Hazing“?
Nein, das Hazing wurde abgeschafft. Letztes Jahr haben wir nur wenige Schwestern neu aufgenommen. Uns ist wichtig, dass die Bewerberinnen wirklich zu uns passen, sich einbringen und nicht nur wegen des guten Namens zu uns kommen.