30. März 2017
Im Studentenwohnheim zu leben bedeutet auch überleben: Am Wochenende haben meine Nachbarn im Erdgeschoss zum ersten Mal gegrillt und dabei viel Grillanzünder benutzt. Sehr viel Grillanzünder. Zeitgleich beschlossen meine Flur-Mitbewohner, dass es angenehmer ist in der Küche zu grillen anstatt unseren ersten Stock zu verlassen und in den Garten zu gehen. Aber ich habe den Abend überlebt, sonst würde es diese Zeilen nicht geben…
Auch wenn die Idee in der Küche zu grillen etwas fragwürdig ist, wissen wir jetzt zumindest dass im Ernstfall die Rauchmelder funktionieren. Und ich kann euch versichern, dass man von diesem Ton wach wird.
Das Leben im Studentenwohnheim ist ein Erlebnis. Im Frühling und in den Sommermonaten sehe ich meine Nachbarn und Mitbewohner etwas häufiger, da dann der Garten, in den ich gucke, mit grillenden und Picknick machenden Studenten besiedelt ist. Einer meiner Nachbarn ist aber auch im Winter bei seiner Essenszubereitung draußen zu sehen, wenn er seine Fritteuse auf dem Balkon anwirft um sich ein Festmahl zu frittieren. Generell kann man festhalten, dass sich die Vielzahl an Nationalitäten auf dem Campus in der Vielzahl der Koch- und Essens-Gerüche im Studentenwohnheim wiederspiegelt.
Da Wageningen eine verhältnismäßig kleine Stadt ist, wohnt der Großteil der Studenten in verschiedenen Studentenwohnheimen am und auf dem Campus, am Stadtrand oder im Nachbarort. Die Agentur, die diese Studentenunterkünfte vermittelt und verwaltet (Idealis) bietet in Wageningen verschiedenste Wohneinheiten an. Es gibt kleine Zimmer mit gemeinsam genutztem Bad und Küche in mehrgeschossigen Häusern (Bornsesteeg, Hoevestein), kleinere Wohngemeinschaftseinheiten in Reihenhäusern mit Garten (Rijnveste) sowie moderne, neue Gebäude mit Ein-Zimmer-Apartments (Bellostraat) an. Ein eindeutiger Pluspunkt für die Hochhäuser: Im Erdgeschoss gibt es Hausbars, die für Parties genutzt werden.
Zu Beginn des akademischen Jahres wurde auf dem Campus ein brandneues Studentenwohnheim, Campus Plaza, eröffnet. Der Vorteil: Man kann 10 Minuten vor Uni Beginn aufstehen und ist trotzdem pünktlich zur Vorlesung. Der Nachteil: Abends ist auf dem Campus nichts los und das Stadtzentrum weit weg. Da muss die Motivation nochmal raus zu gehen sehr groß sein. Im Haarweg, sind die meisten Studentenwohnheime. Hier gibt es einen Mix aus eigenständigen Apartments, WG-ähnlichen Korridoren und Einzimmer-Wohnungen in Containern. Die Galerie gibt einen kleinen Einblick in die verschiedenen Wohnmöglichkeiten in Wageningen.
Falls ihr die Möglichkeit habt, würde ich euch auf jeden Fall raten, euch eure neue WG oder Wohnung und das Gebäude vorher live anzuschauen. Ein erster Eindruck kann so viel Vorfreude aufkommen lassen und euch vor Enttäuschungen bewahren. Mir wurde nämlich bei dem Besuch bei meinem Vormieter bewusst, wie viel Arbeit ich noch in ein Apartment stecken muss, dass der Verwalter als netjes en schoon (ordentlich und sauber) bezeichnet: Das Streichen der Wände und Decken (inklusive Überpinseln einer Fototapete) sowie das Verlegen eines Boden waren dringend notwendig.
Falls ihr noch keine WG-Erfahrung habt, solltet ihr euch am besten vorher überlegen, ob ihr für eine WG gemacht seid und ob ihr euch vorstellen könnt mit Fremden zusammen zu wohnen. In Holland sind die Studentenhäuser eine beliebte Form des Wohnens. Teilweise existieren diese Studentenhäuser schon seit Jahrzehnten und alte Bewohner klingeln mit Kind und Kegel bei den jetzigen Bewohnern um ihren Sprösslingen zu zeigen wo Papa/Mama während des Studiums gewohnt hat. Ein solches Studentenhuis ist zum Beispiel das Octovivo in Wageningen in der Fußgängerzone. Zum Teil wohnen bis zu fünfzehn Studenten in einem Haus. Die Wohngemeinschaft geht dann oft über das Zusammenwohnen, Kochen und die Standard Abendaktivitäten hinaus und die Mitbewohner organisieren gemeinsame Partys, Ausflüge, Wochenendtrips und Urlaube. Diese Form des Wohnens ist auf jeden Fall die integrativste und meinem Eindruck nach die holländischste. Meistens kann man schon anhand der Facebook-Posts ableiten, welche Form der WG sich hinter dem Inserat verbirgt: Zweck-WG, Party-WG, Freundeskreis, etc. Für diese Häuser sind Interview-Abende keine Seltenheit, um herauszufinden ob der/die potentielle neue MitbewohnerIn auch in die Wohngemeinschaft passt.
Für mich ist das Wohnen im Studentenwohnheim mit eigener Küchenzeile und Bad die perfekte Kombination. Auf der einen Seite habe ich den Trubel des Studentenwohnheims mit seinen Feueralarmen, Flur- und Küchenpartys, verschiedenen Nationalitäten und den damit verbundenen Gerüchen, den Tierhaltern, sowie die singenden und musizierenden Nachbarn. Auf der anderen Seite habe ich den Komfort meiner eigenen vier Wände, in die ich mich nach einem anstrengenden Tag zurückziehen kann. Für mich funktioniert dieses Modell sehr gut, aber jeder muss für sich selbst heraus finden, was das Beste für die jeweilige Lebenslage und persönliche Situation ist.
Wageningen ist als Kleinstadt jedoch keine Referenz bezüglich der Wohnsituation im Rest von Holland. Deswegen bereitet euch mein nächster Artikel auf die möglichen Kuriositäten vor, die euch bei der Wohnungssuche und beim Wohnen in den Niederlanden begegnen können, vor.