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Studieren in Brasilien so läuft’s!


Ich habe eine ganze Weile gebraucht, bis ich wirklich das System ‚Uni in Brasilien‘ verstanden habe; vieles legen die Professoren beispielsweise erst kurzfristig fest. Und auch sonst gibt es gerade für Deutsche, die an strukturierte Vorlesungen gewöhnt sind, einige Unterschiede.

Ein Seminarraum mit Stühlen, an denen jeweils ein kleiner Tisch befestigt ist
Ein Seminarraum in meiner Uni

Generell ist es mir eher schwer gefallen, das System zu verstehen und zu wissen, worauf es ankommt, weil die Professoren alle sehr frei in der Gestaltung ihrer Kurse sind. So war es z.B. von Beginn an nicht festgelegt, ob wir in den Kursen Hausarbeiten oder Prüfungen schreiben müssen, diesbezüglich haben sich einige Profs erst vor Kurzem entschieden. Zudem wurde mein Zugang zur Moodle-Plattform (wo Dokumente und Informationen hochgeladen werden) erst vor zwei Wochen freigeschaltet, fragt mich nicht, warum das so lange gedauert hat!

Die zwei großen Unterschiede zur deutschen Uni

Meinem Empfinden nach gibt es zwei Unterschiede zum Studium an einer deutschen Uni:
1. Auf Power-Point Präsentationen kann man lange warten. Und
2. darf man sich auf umso mehr Readings freuen!

Der Stil der Vorlesungen ist oftmals ziemlich ähnlich: Die Dozenten erzählen frei über das jeweilige Thema und holen dabei meistens geschichtlich auch sehr weit aus. Die wichtigsten Fakten werden auf der Tafel  / dem Board vorne festgehalten und von den Studierenden fleißig mitgeschrieben. Wie interaktiv der Kurs ist kommt natürlich ganz auf den Prof an. In zwei von meinen Kursen werden die Studierenden durch Fragen einbezogen. Manchmal entstehen dadurch auch sehr interessante Disskussionsrunden. Mir gefällt daran, dass so nicht die Gefahr entsteht, dass Power-Point-Präsentationen einfach nur ‚heruntergebetet‘ werden, stattdessen wird mehr Raum für spontane Exkurse geboten. Auf der anderen Seite fehlt mir zugegebenermaßen ein bisschen die Struktur der Vorlesungen. Gerade zu Beginn war es schwierig, den Professoren inhaltlich zu folgen und zu verstehen, welche Themengebiete während des Semesters abgedeckt werden und klausurrelevant sind.

250 Seiten Lesestoff sind hier normal. In einer Woche.

Jede Vorlesung wird begleitet durch unzählige Readings, meist mehrere Kapitel themenbezogener Bücher. So kann es schon mal vorkommen, dass man in einer Woche 250 Seiten Lesestoff hat. Das hat mich in den ersten Wochen ein bisschen überfordert, da ich dachte, jedes Kapitel muss detailliert zusammengefasst werden. Das ist aber nicht Sinn der Sache, wie mir nach einiger Zeit klar geworden ist. Die Readings sind vielmehr suplementär und sollen ein Grundverständnis aufbauen und Beispiele geben. Die meisten Studierenden drucken die Kapitel aus und markieren sich die wichtigsten Stellen (das wird auch gerne mal während der Vorlesungszeit eines anderen Kurses gemacht), weil detaillierte Zusammenfassungen den Zeitaufwand definitiv sprengen würden.

Meine Kurse und Prüfungen habe ich auf Portugiesisch.

Meine Kurse sind alle auf Portugiesisch und an meiner Fakultät gibt es auch nur einen Kurs, der auf Englisch angeboten wird. Ich wollte aber auch unbedingt auf Portugiesisch studieren, da ich mir so erhoffe, die Sprache besser zu lernen.

Ich habe zwei eher wirtschaftliche Kurse und zwei Politikkurse. In den wirtschaftlichen Kursen Comércio Internacional und Economia Internacional II schreibe ich jeweils zwei Prüfungen: Anfang Mai und Ende Juni. Ich habe noch keine Ahnung, was mich bei meiner ersten Prüfung in ca. 1,5 Wochen erwartet und hoffe, dass ich mich auf die richtige Art und Weise vorbereite.

In Análise de Conjuntura Internacional müssen wir ca. alle zwei Wochen eine kleine Hausarbeit über ein aktuelles, politisches Thema, wie z.B. das Amtsenthebungsverfahren in Brasilien oder die Vorwahlen in den USA, abgeben. Die Endnote setzt sich dann aus den Ergebnissen aller Arbeiten zusammen. In Neuen Themen der internationalen Beziehungen werden wir wohl am Ende des Semesters eine größere Hausarbeit anfertigen müssen, aber das Thema ist noch nicht bekannt. Leider ist der Name dieses Kurses auch ein bisschen irreführend, denn anstatt aktueller Themen der internationalen Beziehungen, beschäftigen wir uns hauptsächlich mit dem Buch Das Kapital von Karl Marx.

 

Kommentare
  1. Shirin Isfahanian

    17. November 2016

    Hallo Janette,
    ich bin Shirin und ich studier Kindheitspädagogik in Berlin
    Ich würde gerne in meinem dritten Semester also nächstes WS nach Brasilien gehen. Meine Hochschule (katholische FachHochschuleBerlin) hat aber keine Partneruniversität in Brasilien. Jetzt wollte ich dich mal fragen, ob du vielleicht eine Universität kennst oder jemanden, der einen Austausch im sozialen Berreich gemacht hat. Ich könnte nicht auf portugiesisch studieren, deswegen müsste es eine mit englischen Kursen sein. Und sozialen Seminaren.
    Ich wäre super dankbar über eine Antwort.
    Ganz liebe Grüße
    Shirin

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