7. April 2022
Meine Mission in Belgien war von Anfang an klar: Französisch lernen und auf Französisch studieren! Ein Sprachkurs durfte also auf dem Learning Agreement nicht fehlen. Und die Seminare und Vorlesungen waren auch schnell ausgesucht. Aber Moment mal: Auf welcher Sprache sind die jetzt eigentlich? Und finden die Veranstaltungen in Präsenz statt? Diese Fragen werde ich euch im folgenden Blogpost beantworten!
Erst mal ein paar Fakten: Da ich mich im sechsten Semester befinde, habe ich den Großteil meiner Kurse schon belegt und mir fehlen nur noch drei Veranstaltungen im Wert von insgesamt 13 ECTS. Für mein Erasmus-Stipendium muss ich von meiner Heimat-Uni aus mindestens 15 ECTS und maximal 30 ECTS im Ausland erbringen. So weit, so gut. Schnell hatte ich mir aus dem Kursprogramm meiner Fakultät an der ULiège drei Kurse mit zusammen 17 ECTS ausgesucht, die inhaltlich gut zu den mir fehlenden Kursen passten. Da mir drei Kurse zu wenig erschienen, meldete ich mich zusätzlich zu zwei weiteren Vorlesungen an, für die es jeweils fünf ECTS geben sollte. Mein Plan war es, die Vorlesungen zu besuchen und aus Interesse zu verfolgen, am Ende dann aber nicht an der Abschlussprüfung teilzunehmen, da ich ja die ECTS für meinen Bachelor nicht mehr benötige.
Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt
In der Woche vor meiner Abreise kam dann eine E-Mail Adresse von der Koordinatorin meiner Fakultät in Lüttich: An der Fakultät beträgt die Mindestanzahl an ECTS 25. Für mich waren diese Worte erstmal ein Schock. Muss ich jetzt in den zusätzlichen zwei Fächern auch die Prüfungen absolvieren? Genau das fragte ich auch bei der Koordinatorin nach, die mich zum Glück beruhigen konnte: Ich solle zwar Veranstaltungen im Umfang von mindestens 25 ECTS belegen – ich sei ja schließlich ein „full time student“ – aber ich müsste am Ende nur 15 ECTS mit einer Prüfung abschließen. Also Entwarnung für mich!
Allerdings war dies nicht mein einziger Schock-Moment bezüglich meiner Kurse…
Meine Kursauswahl
Zuallererst wäre da ein Französisch-Sprachkurs, der allen Erasmus-Studierenden in Lüttich nahe gelegt wird. Vor Kursbeginn musste ich an einem Online-Einstufungstest teilnehmen und wurde dem Niveau B2 zugeordnet. Dann wurden mir zwei Zeitpunkte angeboten, bei denen ich mich für einen entscheiden musste. Die Sprachkurse in Lüttich finden in einem Gebäude in der Rue de Pitteurs statt, nahe des Aquariums (also in der Innenstadt). Mein Französischkurs ist zwei Mal die Woche von 18 bis 20 Uhr. Das ist eine für mich ungewohnte Uhrzeit für Kurse und besonders zum Ende hin schwindet meine Konzentration regelmäßig. Insgesamt kann ich so einen Sprachkurs im Ausland aber nur empfehlen! Ihr könnt dort ganz einfach neue Leute kennenlernen, und zumindest mein Französischlehrer hat als Kursmaterial immer lokal bekannte Texte und Videos mitgebracht, sodass wir neben der Sprache auch etwas über die belgische und französische Kultur lernen konnten.
Neben dem Sprachkurs hatte ich mir folgende Kurse ausgesucht:
- Sociology of racism and antiracism
- Refugee Studies – Forced Migration
- Introduction to the study of migration and integration
- Introduction to international cooperation and humanitarian aid
Thematisch sind diese Fächer alle im Bereich von Soziologie und Migration angesiedelt. Das hängt damit zusammen, dass mein fehlendes Modul in Deutschland „Kultureller Wandel und Migration“ heißt. Doch so wie ich mir das mit den Kursen vorgestellt hatte, war es dann in der Realität doch nicht. Die ersten beiden Fächer entpuppten sich vor Ort als Seminare für Masterstudierende auf Englisch mit fünf bis acht Teilnehmenden. Die Veranstaltung „Introduction to international cooperation and humanitarian aid“, die ich aus Interesse belegen wollte, fand größtenteils online statt und es gab zwar drei Blocksitzungen in Präsenz, aber von denen fiel eine dann noch aus.
„Introduction to the study of migration and integration“ war zwar eine Vorlesung auf Französisch, die regelmäßig stattfand, allerdings redete der Dozent zwei Stunden lang ohne Folien durch, wodurch ich nichts mitbekommen habe. Ich meine, auch auf Deutsch würde ich mich bei so einen Vortrag ohne visuelle Unterstützung schnell nicht mehr konzentrieren können – und dann das ganze noch auf einer Fremdsprache! Als wir in dem Kurs einen Film geschaut haben, baten wir Erasmus-Studierenden um französische Untertitel, doch er ignorierte unsere Bitte. Da mir dieser Kurs sowieso nicht angerechnet werden kann, entschied ich mich auch nach einer gewissen Zeit dafür, die Veranstaltungen nicht mehr zu besuchen, beziehungsweise die Zeit im Hörsaal für etwas anderes zu nutzen…
Meine Tipps für euch
Bei eurer Kurswahl im Ausland wird sicherlich nicht alles glatt laufen. Auch wenn ich mich im Voraus ausführlich über die Kurse informiert hatte, so wurde ich dann doch vor Ort von bestimmten organisatorischen Dingen überrascht, die ich eventuell selbst im Voraus hätte herausfinden können. So ist mir zum Beispiel im Nachhinein aufgefallen, dass sich bei manchen Kursen die Informationen zwischen der englischen und der französischen Website unterscheiden. Ja, hätte, hätte, Fahrradkette.
Im Normalfall ist es aber auch kein Weltuntergang, wenn die vorher online ausgesuchten Kurse dann vor Ort doch nicht so passen. Es gibt einen bestimmten Zeitraum, der von Universität zu Universität anders ist, in dem ihr euer Learning Agreement noch anpassen und euch neue Kurse aussuchen könnt.
Mein Problem war allerdings, dass ich wie gesagt schon im sechsten Semester bin und deshalb nur ganz spezifische Kurse belegen konnte. Die beiden Kurse, die ich mir nicht anrechnen lassen kann/ möchte, hätte ich natürlich wechseln können. Allerdings wurde es dann terminlich schwierig, da ich mich zu dem Zeitpunkt schon für einen Termin des Französischkurses entschieden hatte und alle anderen Kurse, die mir sonst noch gefielen, einfach überhaupt nicht mehr in meinen Stundenplan gepasst hätten.
Deshalb würde ich euch empfehlen, mit mehr Optionen bezüglich anrechenbarer Kurse ins Ausland zu gehen. Sonst steht ihr vor einem ähnlichen Problem wie ich und müsst Kurse belegen, die euch nicht zusagen.
Natürlich war ich am Anfang etwas traurig darüber, dass meine anrechenbaren Kurse sich als Seminare auf Englisch entpuppten und die beiden Vorlesungen auf Französisch nicht unbedingt das für mich beste Format hatten/ haben, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Auch dass meine Kurse relativ oft ausgefallen sind, hat es mir nicht leicht gemacht, in eine Routine mit der Uni zu kommen, und Personen aus den Kursen kennenzulernen…
Aber mittlerweile habe ich mich mit der Situation abgefunden, da ich sie eh nicht ändern kann. Kurse auf Englisch zu besuchen kann ja eigentlich nie schaden. Und für die Sprache habe ich zum Glück meinen Französischkurs, der mir unglaublich gut gefällt. Außerdem habe ich über das Buddy-Programm eine belgische Studentin zugeteilt bekommen, die kein Englisch kann und mit der ich deshalb Französisch reden muss. Mehr zum Thema Buddy werde ich in einem anderen Beitrag erzählen.
Bis dahin: À bientôt!
Merle