2. Oktober 2019
Wie jetzt, ich muss nächsten Monat schon Essays einreichen und Tests schreiben? Was ist denn überhaupt ein research report? Und die seitenlange Liste ist tatsächlich Pflichtlektüre für die Prüfung? An der University of Strathclyde in Glasgow geht es ganz anders zu als an meiner Heimatuni in Berlin.
Knapp zwei Wochen Studium in Glasgow sind vorbei – und ich bin jetzt schon leicht überfordert. Essay hier, Zwischenprüfung da, eigentlich kann ich direkt mit dem Lernen anfangen. An meiner Heimathochschule, der Humboldt-Universität zu Berlin, hat man am Anfang des Semesters noch ein bisschen Schonfrist. Dort wird es dann zur Prüfungsphase richtig stressig, aber Essays oder Zwischenprüfungen musste ich im Laufe meines Psychologiestudiums noch nie schreiben.
Auch die Vorlesungen laufen ein wenig anders ab. Die Dozenten spricht man hier zum Beispiel alle mit dem Vornamen an und sie sind so an den Studis interessiert, dass ich das Gefühl habe, als ob man sich viel mehr auf Augenhöhe begegnet. Meine Kurse gefallen mir bis jetzt richtig gut. Auch wenn mich der Arbeitsaufwand einschüchtert, freu ich mich tatsächlich auch auf die intensive und kontinuierliche Auseinandersetzung mit den Themen.
Diese Kurse belege ich an der University of Strathclyde:
- Psychology of Mental Health – In Gruppen erarbeiten wir hier einen Interventionsplan für einen Patienten. Die Vorlesungen werden von unterschiedlichen Psychologen gehalten, die alle im Bereich klinische Psychologie und Psychotherapie tätig sind.
- Belief and Anomalistic Experience – Ein Kurs über die psychologischen Hintergründe von Religion, Verschwörungstheorien, Horoskopen etc. – Warum glauben Menschen und wie wird ihr Glaube aufrechterhalten? Solche spannenden Kurse kann ich an meiner Uni in Berlin nicht belegen.
- Psychology and Cognitive Neuroscience of Face Recognition – Was passiert im Gehirn, wenn man bekannte oder fremde Gesichter sieht? Gibt es Menschen, die das besonders gut können und was machen sie anders als der Rest der Bevölkerung? In der ersten Vorlesung haben wir erstmal selbst getestet, wie gut wir uns die Gesichter von potentiellen Straftätern merken können.
- Social & Health Psychology – Meine Sozialpsychologie-Vertiefung. Besonders freue ich mich auf den Teil der Vorlesung über Gesundheitspsychologie. Da geht es zum Beispiel darum, wie man Menschen vom Rauchen oder von ungeschütztem Sex abbringt.
Was ist sonst noch anders?
Es gibt eine riesige Studentenvereinigung sowie zahlreiche Clubs und Societies, denen man beitreten kann. So bekommt man richtig das Gefühl, zu der Gemeinschaft zu gehören. Die Studentenvereinigung befindet sich in einem Gebäude mit acht Stockwerken, in dem es mehrere Bars und Cafés, eine Billiardhalle, Bühnen für Livemusik und sogar einen Frisörsalon gibt. Hier wird auch Essen an Studenten verschenkt, das sonst von Supermärkten weggeschmissen werden würde. Besonders gut gefällt mir der Gemeinschaftsgarten, in dem Obst und Gemüse angepflanzt werden und sich jeder nehmen darf, was er möchte. Berühmt ist die Uni auch für ihre nagelneue Sporthalle mit Fitnessstudio, Squash- und Badmintonfeldern, Schwimmbecken, Sauna und einer großen Auswahl an Sportkursen, die man belegen kann. Sportfans sind hier im Himmel.
Mein Fazit
An der University of Strathclyde läuft das Studium anders ab – ich werde mehr arbeiten müssen für meine Kurse, aber es gibt auch viele interaktive Projekte und teilweise ist der Lernaufwand durch Zwischenprüfungen über das Semester aufgeteilt. Während ich aber in Berlin manchmal das Gefühl habe, dass man nur zum Studieren in die Uni kommt, gibt es hier in Glasgow ein richtiges Campusleben mit wöchentlichen Veranstaltungen, die von der Studentenvereinigung organisiert werden. Langweilig wird mir hier garantiert nicht.