30. Januar 2017
Mittlerweile studiere ich nun ein Semester an der Universität Gent, die dieses Jahr ihr 200-jähriges Jubiläum feiert. Die Uni hat viele bekannte Persönlichkeiten hervorgebracht, unter anderem Jacques Rogge oder den ehemaligen belgischen Premierminister Guy Verhofstadt. Außerdem wurde die Universität letztes Jahr unter den 100 besten der Welt gelistet. Gute Voraussetzungen also für ein aufregendes und anspruchsvolles Studium. Hier ein kleiner Rückblick auf mein Semester.
Es ging schon gut los…
Direkt der erste Eindruck von meiner neuen Universität war mehr als positiv. Stellt euch vor: Der erste Tag an der Uni, 1.000 neue Gesichter aus unterschiedlichen Ländern, alle in einem Hörsaal, man mustert sich. Dann beginnt die Vorstellung der Uni und der Stadt Gent. Uns wird ein kurzes Video zur Stadt gezeigt… es gibt definitiv schlimmere Orte. Sowohl die Rektorin als auch diverse Professoren heißen uns willkommen und versuchen uns in kürzester Zeit alle wichtigen Dinge zum Studienalltag in Gent nahe zu bringen. Das man nicht alles im Kopf behalten kann ist natürlich logisch, die Fleißigen unter uns schreiben also mit. Außerdem hat die Uni einige Austauschstudenten eingeladen, die uns von ihrer Anfangszeit in Gent erzählen und praktische Tipps geben. Eine Anekdote zur medizinischen Versorgung soll unvergessen bleiben. Eine der anwesenden Studentinnen hat es doch tatsächlich geschafft sich in der zweiten Woche auf die Nase zu legen und sich dabei die Schneidezähne zu demolieren. Mit einem Zwinkern weist sie uns auf den Alkoholgehalt des belgischen Bieres hin. Wir lachen, so was würde uns schließlich nie passieren (wait for it). Auch diverse Studentenorganisationen stellen sich vor, so zum Beispiel ESN Gent. Hierbei handelt es sich um das Erasmus Student Network das während des Semesters diverse Partys, Ausflüge und Reisen organisieren. Zum Abschluss werden wir noch darauf hingewiesen, dass vor der Tür ein Pommeswagen wartet und es Fritten für alle umsonst gibt. Is this heaven? Es gibt schlechtere erste Unitage, würde ich sagen.
Der Unialltag
Mein Stundenplan war mit 7 Fächern und einem Niederländisch-Kurs relativ voll und hat sich ziemlich auf die Nachmittage konzentriert. Ich gehe lieber morgens in die Vorlesung und habe dann den Rest des Tages frei, konnte mir das aber leider nicht aussuchen. Von allen meinen Vorlesungen war ich hellauf begeistert. Bis auf einen Professor (ein schwarzes Schaf gibt es ja immer) waren alle super motiviert und kompetent und haben sehr inspirierende Vorlesungen gehalten. Qualitativ ist die Uni Gent wirklich unschlagbar. Diese hohe Qualität hat natürlich auch ihren Preis, was heißt, dass man während des Semesters immer wieder „Hausaufgaben“ machen muss, die dann abgegeben werden. Der Arbeitsaufwand ist also während des Semester höher als an einer deutschen Uni, was einen aber gleichzeitig zwingt am Ball zu bleiben.
Die verschiedenen Fakultäten sind über die ganze Stadt verteilt, einen einzigen Campus gibt es also nicht. Meine Vorlesungen fanden auch tatsächlich immer woanders statt. Einmal am Tag die Fakultät zu wechseln war also vollkommen normal. Wie machen wir das? Dumme Frage… natürlich mit dem Fahrrad, das uns sicher von A nach B bringt. Doof ist nur, wenn man einen Regentag erwischt und beim Ortswechsel mal wieder nass wird. Aber auch daran gewöhnt man sich, ehrlich.
Fast jede Fakultät hat eine eigene Mensa oder ein kleines Bistro, es verhungert also niemand. Das Studentenrestaurant „De Brug“ hat sogar abends geöffnet, perfekt also um sich vor der letzten Vorlesung noch einmal zu stärken. Das Essen ist gut, beziehungsweise so gut wie es in einer Mensa eben sein kann. Meine persönliche Empfehlung sind die Suppen, die nicht nur günstig, sondern wirklich immer gut sind und die Baguettes, die man sich individuell belegen kann. Außerdem hat die Uni sogar eine vegetarische Mensa in der außer einem oder zwei Gerichten alles komplett „veggie“ serviert wird. Kleiner Tipp am Rande: Montags und Freitags lohnt sich der Besuch besonders, da gibt es nämlich Wraps. Lekker!
Was neben den Vorlesungen sonst noch wichtig ist
Die Uni Gent tut für ihre Studenten wirklich alles. Man könnte fast sagen der Student ist hier König. Nicht weil man notentechnisch etwas geschenkt bekommt (leider nein, leider gar nicht), sondern weil die Uni unglaublich gut organisiert ist und den Studenten in allen Belangen mit Rat und Tat zur Seite steht. Sei es bei der Wohnungssuche oder bei Versicherungsfragen, man findet immer einen Ansprechpartner. Ob man will oder nicht, wird man auch schon bevor das Semester überhaupt beginnt mit zahlreichen Mails bezüglich Stundenplan, Einschreibung, Ankunft in Gent und Ähnlichem überhäuft. Hier wird nichts dem Zufall überlassen.
Ein weiterer hervorragender Service den die Uni bietet, sind die Uni-Ärzte. Diese Ärzte sind direkt von der Uni angestellt und haben neben dem Rektorat ihre eigene kleine Praxis. Die Termine kann man ganz einfach über das Onlineportal beim Arzt seiner Wahl vereinbaren. Man bekommt hier ohne Probleme für den gleichen Tag noch einen Termin. Neben der Tatsache, dass es günstiger ist dorthin zu gehen als ins Krankenhaus, sind die Ärzte dort auch unglaublich nett und hilfsbereit.
Und eine kleine Anekdote zum Schluss…
Wie oben bereits angekündigt kommt nun also meine kleine Anekdote zu den Uni-Ärzten. Ich habe es doch tatsächlich geschafft mich in der allerersten Vorlesungswoche ordentlich auf die Nase zu legen. Damit habe ich auch die oben genannte Studentin übertroffen. Bei meinem gescheiterten Bremsversuch bin ich so unglücklich mit dem Fuß umgeknickt, das der innerhalb von Sekunden auf die doppelte Größe anschwoll. Weiter feiern, was eigentlich der Plan war, kam also nicht mehr in Frage. Einen Betäubungsschnaps habe ich mir trotzdem noch gegönnt… morgen ist dann auch alles wieder gut, dachte ich mir. Nee, war leider nicht so. Am nächsten Tag durfte ich dann dem Arzt einen Besuch abstatten. Diagnose: Fuß angebrochen. Das hieß eine Woche Bettruhe und Krücken, fand ich natürlich gar nicht lustig. (Dazu muss man wissen, dass ich mir noch nie irgendetwas gebrochen habe und auch ansonsten nie krank bin. Mit meinem dicken Fuß war ich also total überfordert.)
Was ich daraus gelernt habe: Manchmal ist es klüger das Fahrrad stehen zu lassen… oder eben das Bier. (Mit einem Zwinkern weise ich auf den Alkoholgehalt des belgischen Bieres hin).