13. Dezember 2020
Nachdem wir letzte Woche Torrijas zubereitet haben – von „kochen“ kann bei dem einfachen Rezept keine Rede sein – setzen wir unsere kulinarische Reise fort. Dabei bleibt es simpel, denn so ist die spanische Küche. Simpel und köstlich. Schnappt euch einen Stutenkerl – es ist wahrscheinlich, dass man auf den nächsten Zeilen Hunger kriegt.
Die größte Fastfood-Kette der Welt kommt in Deutschland (Stand: Dezember 2019) auf 1.484 Filialen, in Spanien auf 527. Schnelles Essen ist hier nicht so verbreitet, der Spanier mag es handgemacht.
In unserer WG kochen wir meistens selbst … und wenn ich „wir“ schreibe, dann meine ich meinen Mitbewohner Jesús, in dem der Geist einer südspanischen Großmutter schlummert.
Er steht dann in unserer kleinen Küche, summt manchmal vor sich hin, während es aus allen Töpfen qualmt, was mich schon beim bloßen Anblick überfordert. Er hat nie ein Rezept, braucht er nicht, er hat Ahnung. So viel Ahnung, dass wir ihn tatsächlich für die spanische Kochsendung MasterChef beworben haben. Eine deutsche Adaption ist 2010 unter dem Titel Deutschlands Meisterkoch gefloppt und wurde nach nur einer Staffel eingestellt. Hier lief Dienstag das Finale von MasterChef Celebrity (also der Version mit prominenten Köchen). Satte 25,1 Prozent der spanischen Fernsehzuschauer haben eingeschaltet – auch wir. Wie jeden Dienstag. Und ich schalte auch ein, falls Jesús im Jahr 2021 antritt – die Redaktion hat ihn für die zweite Auswahlrunde zugelassen und uns um ein Vorstellungsvideo gebeten (ist gut geworden!).
Paella
Das hat Jesús gleich am zweiten Tag meiner Ankunft gekocht. Das Reisgericht mit Safran (oder Lebensmittelfarbe) stammt aus der Region Valencia. Aus dem Valencianischen leitet sich auch der Name des wohl berühmtesten Tellers Spaniens ab – „paella“ bedeutet so viel wie „Pfanne“.
Allerdings ist die Reiszubereitung in Spanien eine Kunst für sich. Das habe ich bei MasterChef gelernt: nur die allermutigsten Nachwuchsköche trauen sich an einen Reis, der den lächerlich hohen spanischen Ansprüchen genügt. Ein einfacherer Teller, der der Paella sehr ähnlich ist, bildet da die Fideuá auf Nudelbasis.
Aber auch dabei handelt es sich eher um ein Sonntagsessen. Wenn es schnell gehen soll, hauen Spanier gerne Fleisch in die Pfanne, Eier oder Paprika … oder alles gleichzeitig.
Spanien gilt als eine der gesündesten Nationen der Welt. In einem schönen Podcast vom Deutschlandfunk hat eine 113-jährige (!) Spanierin ihre persönlichen Gründe dafür genannt. Etwa das gemeinsame Essen in Bars und Restaurants – oder das „Essen mit dem Löffel“ – also Suppen und Eintöpfe. Die macht Jesús auch gerne.
Tapas – der Ursprung
Spanien ist weltberühmt für seine kleinen Leckereien. Nicht zuletzt wurde die mediterrane Küche (mittlerweile werden darunter auch andere Länder verstanden) von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe erklärt.
Um den Ursprung der Tapas ranken sich mehrere Legenden. Eine besagt, dass Wirte einst Teller auf die Getränke stellten, um lästige Fliegen abzuwehren. Mit der Zeit kamen dann die typischen spanischen Häppchen auf den Teller dazu. Ergibt Sinn, denn „tapa“ bedeutet auf Deutsch einfach nur „Deckel“.
Eine andere Theorie geht auf König Alfonso X. von Kastilien zurück. Als er im 13. Jahrhundert krank wurde, hatte sein Arzt eine pfiffige Idee. Er solle Wein trinken. In kleinen Portionen. Und damit er dabei nicht über die Stränge schlägt, solle er zwischendurch kleine Häppchen zu sich nehmen. Das hat offenbar funktioniert, denn nach seiner Genesung soll Alfonso in seinen Gaststätten in Kastilien (Nordspanien) zu jedem Wein eine kleine Essensration verordnet haben. Diese hat den alkoholischen Effekt „abgedeckt“.
Tapas – heute
Oliven, Fleisch, Fisch, Käse, Kroketten – eine Tapa kann praktisch alles sein. In einigen Städten Spaniens gibt es sie vollkommen kostenlos zu jedem Getränk. Im Gegenzug wird dafür spanische Gelassenheit erwartet. Wenn einmal keine Tapa kommt oder sie etwas kalt ist, schickt es sich nicht, sich deswegen zu beschweren – die Tapa wird als Geschenk der Küche verstanden. Man kann es aber auch ablehnen. Mir ist es selbst schon passiert, dass ich beim Bestellen des fünften Eistees sagen musste: „Danke dir, ist lecker … aber jetzt kriege ich keine mehr rein.“ Das war aber nicht in Sevilla, denn hier zahlt man für seine Tapa – aber nicht viel; um die drei Euro und mit zwei bis dreien hat man gut zu Abend gegessen.
Fleischlos in Sevilla
Vegetarier müssen in Spanien möglicherweise länger in der Karte blättern als in Deutschland. Das zeigt sich auch in Zahlen. In einer ganz frisch erschienen Umfrage gaben 10 Prozent der Spanier an, dass sie sich vegetarisch, vegan oder pescetarisch ernähren. In Deutschland waren es immerhin 15 Prozent (Quelle: Statista, Global Consumer Survey 2020). Ein fleischloser Tipp in Sevilla:
… so … danke für eure Aufmerksamkeit! Ich mache Schluss für heute, habe nämlich gerade echt Hunger! Ich lasse euch noch einen Nachtisch da.
Qué aproveche! (Guten Appetit!)