26. April 2019
Hand aufs Herz. Wer wollte nicht schon einmal Ramen essen wie Naruto, auf einem traditionellen Futon schlafen, die berühmte Kirschblüte hautnah erleben oder sich Sushi per Mini-Zug liefern lassen? Das Leben in Japan hat unglaublich viel zu bieten. Doch sich in einer komplett fremden Kultur zurecht zu finden und eine der schwierigsten Sprachen der Welt zu erlernen kann oft auch nervenaufreibend sein. Ein Fazit nach eineinhalb Jahren Sprache und Praxis in Japan.
Mit 16 Monaten ist das Sprache und Praxis in Japan Programm des DAAD wohl eines der längsten Stipendien Deutschlands. Mit einem 9-monatigen Japanisch Sprachkurs sowie 7-monatigen Praktikum ist es noch dazu sehr spezifisch. Man kann sich vorstellen: Dieses Stipendium prägt nicht nur deinen Lebenslauf, sondern auch dein Leben. Doch trotz allem Interesse zu Japan sollte man sich genau überlegen, ob dieses Programm die richtige Wahl ist.
Die Pros
Japanischlernen, I
Nur selten hast du so viel Zeit dich auf das Erlernen einer neuen Sprache zu konzentrieren, ohne dass dein Lebenslauf eine ungute Lücke bekommt. Und seien wir ehrlich, jeder der schon einmal Vollzeit gearbeitet hat, wird die täglichen Unterrichtszeiten, von 9-12:30 Uhr, feiern. Doch das heißt nicht, dass der restliche Tag frei ist – man muss dennoch Hausübungen schreiben, für Tests lernen, Präsentationen vorbereiten und auch die Praktikumssuche ist zeitlich nicht zu unterschätzen.
Japanischlernen, II
Apropos Japanisch – dadurch, dass man sich 9 Monate nur aufs Lernen konzentrieren kann, erreicht man unglaublich viel. Wenn man mit Expats spricht, die meistens wöchentlich 1-2 Stunden Unterricht nehmen, kommt oft die Frage ‚Und, kannst du schon die Katakana?‘. Es ist ein Luxus sich so sehr auf eine schwierige Sprache wie Japanisch konzentrieren zu können, wie es das SP Japan Stipendium erlaubt. Als kompletter Anfänger erreicht man ca. JLPT Level N3 – das reicht, um im täglichen Leben über die Runden zu kommen.
Japan kennenlernen
Die Naganuma Sprachschule, wie auch der DAAD, organisieren regelmäßig Exkursionen, auf denen man das ‚richtige‘ Japan kennenlernt. Besuche in Schulen, bei kleinen Unternehmen am Land, oder aber auch Erkundungstouren der Tokioter Kanalisation sind nur einige der Highlights dieses Programmes.
Leben in Tokio
Mit über 35 Millionen Menschen, die in der Metropolregion leben, ist Tokio die bevölkerungsreichste Region der Welt. Hier gibt es immer etwas zu erleben, Picknicks, Festivals, Ausflüge zum Strand oder in die Berge und natürlich auch ein super Nachtleben. Japaner gehören wohl zu den höflichsten und freundlichsten Menschen, die ich jemals kennengelernt habe, so fällt es auch nicht schwer schnell neue Freunde zu gewinnen. Das Essen ist phänomenal und generell hat man in Tokio eine Lebensqualität, wie man sie nur selten sieht. Das alles macht Tokio für mich zu einer der lebenswertesten Städte der Welt!
Die Cons
Daueraufenthalt in Japan
16 Monate sind eine lange Zeit – besonders heutzutage, wo potentielle Arbeitgeber oft bereits für Einstiegsjobs mehrere Jahre spezifische Berufserfahrung voraussetzen. Daher sollte man sich überlegen, ob 1 1/2 Jahre Japan den Lebenslauf wirklich aufwerten. Noch dazu gehört Japanisch zu den Sprachen, die außerhalb Japans kaum gesprochen werden – doch gerade das macht Japanexperten, die Deutschland mit Japan verbinden können, so wichtig. Sei dir jedoch bewusst, dass Japan mittlerweile eine Nische ist, selbst wenn es noch die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ist.
So. Viele. Menschen.
Man kennt das Gedränge in den öffentlichen Verkehrsmitteln ja von der Rush Hour in Deutschland. Doch in Tokio ist das Normalzustand. Egal zu welcher Zeit, es ist immer voll auf den Straßen, in den Zügen und Bussen sowieso. Anfangs findet man das noch interessant, doch nach einiger Zeit wollte ich einfach nur meine Ruhe haben. Für mich bedeutet das: Spätestens alle 2 Monate muss ich Tokio verlassen – auch wenn es nur ein Wochenendausflug ist!
Japanische Arbeitswelt
Japan ist berüchtigt für seine eiserne Arbeitskultur. Traditionell kommt man vor dem Chef und geht erst, wenn auch er das Büro verlassen hat. Auch wenn es heutzutage oft nicht mehr so schlimm ist, unter anderem auch dank der ‚Premium Friday‚ Aktion der japanischen Regierung, kann das Arbeiten in Japan oft sehr lange sein. Selbst in meinem Praktikum habe ich oft Überstunden gemacht. Aber keine Sorge, das ist nicht die Regel. Die meisten meiner Mitstipendiaten hatten nicht so lange Arbeitszeiten.
Fazit
In den letzten eineinhalb Jahren ist viel passiert, es gab für mich Höhen, aber auch Tiefen.Rückblickend hat sich für mich das SP Japan Programm sehr ausgezahlt, auch wenn immer mal wieder Zweifel aufgekommen sind. Dennoch habe ich Japanisch gelernt und einen Level erreicht, der es mir ermöglicht, mich durch den japanischen Alltag zu schlagen. Sogar zwei Jobinterviews habe ich bereits auf Japanisch absolviert, und das erfolgreich. Durch mein Praktikum habe ich sehr wichtige Arbeitserfahrung gewonnen. Dadurch habe ich es geschafft, eine Arbeitsstelle hier in Tokio zu finden und kann somit in den nächsten Jahren in Japan bleiben. Ohne des Sprache und Praxis in Japan Stipendium wäre das nicht möglich gewesen. Und dafür bin ich sehr dankbar.
Wenn du dir sicher bist, dass du deine Karriere in Richtung Japan legen möchtest, dann führt für dich kein Weg am SP Japan Programm vorbei!
Aung Su Ava Ro Dejay
24. Mai 2021
Sehr geehrter Dominik,
vielen Dank für die sehr interessante Berichterstattung. Ich interessiere mich für das Stipendium aber frage mich was dannach passiert… Welchen Job machst du denn jetzt in Japan im Anschluß? Mich würde es interessieren, wie es bei dir weiterging!
Vielen Dank!!!
Aung Su