17. August 2017
Temperaturen nicht unter 30 Grad und keine Klimaanlage zuhause? Drei Orte in Tripoli, wo sich heiße Mittagspausen und laue Abendstunden besonders gut aushalten lassen.
Die bunten Treppen in der Altstadt
Das Institut an dem ich arbeite und lebe liegt in der Nähe des Tal Square, Mittelpunkt der lauten und etwas chaotischen Innenstadt Tripolis. Nicht weit von dort befinden sich die alten Souqs, verwinkelte Marktstraßen, in denen Händler Goldschmuck, Kleidung, Gemüse und Obst und auch sonst alles anbieten, was das Herz begehrt. Tripolis Märkte sind im Gegensatz zu denen Beiruts im Bürgerkrieg kaum zerstört worden. Wer nach einem Shopping-Erlebnis eine kleine Pause haben möchte: Vom Tal Square Richtung Norden gehen diese bunten Stufen hoch, die, oben angekommen, zu einem netten Café führen. Im Sommer von Bäumen vor der Sonne geschützt, entspannen alte Männergruppen und Familien mit Kindern bei typisch libanesischen Mezze (gemischte kalte und warme Vorspeisen), Kaffee und Wasserpfeife. Verlässt man die Souqs in Richtung der Zitadelle der Kreuzfahrer, von der aus man einen guten Blick über die Stadt genießen kann, liegen links die zwei Stadtviertel Tebbeneh und Jabal Mohsen. Was diese landesweit bekannt machte?
Tripolis‘ alawitisch/sunnitischer Konflikt: das Kahwetna
Wenn man in den deutschen und interationalen Medien überhaupt über Tripoli liest, geht es meistens um eines: den Konflikt zwischen Tebbeneh und Jabal Mohsen (so zum Beispiel vor einigen Tagen in der Frankfurter Allgemeinen, oder im The Guardian).
Tebbeneh und Jabal Mohsen, zwei Stadtviertel Tripolis, werden nur durch eine Straße voneinander getrennt. Warum es so traurig wie kurios ist, dass diese Straße Syria Street heißt? Der Konflikt zwischen dem sunnitischen Tebbeneh und dem alawitischen Jabal Mohsen geht zurück bis in die 1980er Jahre und gewann 2008 an solcher Intensität, dass er sich die nächsten Jahre in blutigen Auseinandersetzungen niederschlug. Seit 2011 wurden die BewohnerInnen der beiden Viertel zudem immer tiefer in den Konflikt im Nachbarland Syrien hineingezogen: Während Tebbeneh als sunnitisch geprägter Stadtteil die Rebellen unterstützte, stellte sich Jabal Mohsen auf die Seite des syrischen Regimes, dessen Religionszugehörigkeit sie teilen. Eine ganze Generation junger Menschen wuchs mit einem Feindbild auf, das Nachbarn betraf, die nur wenige Kilometer weit entfernt wohnen.
Im Jahr 2015 handelten beide Viertel eine Waffenruhe aus, in deren direktem Anschluss die Nicht-Regierungs-Organisation March eine Idee umsetzte: Ein Theaterstück mit jungen Menschen beider Viertel. Mit ihnen und von ihnen. Wenige Monate später feierte das Stück Premiere und wurde seitdem auf verschiedenen Bühnen des ganzen Land gezeigt. Aber die NGO macht noch mehr. Sie errichtete ein Kulturcafé auf genau jener Syria Street, organisiert von jungen Menschen beider Viertel. Im Kahwetna, übersetzt „unser Café“, finden zudem regelmäßig Events wie Kulturwochen oder Theaterstücke statt. Es braucht nur eine Kontaktfläche, so einer der Ansätze der NGO, durch die die Jugendlichen merken, sie teilen dieselben Sorgen, Ängste und Hoffnungen. Bisher funktioniert es – seit 2015 wird die Waffenruhe zwischen den Vierteln weitgehend gewahrt.
Das Kulturcafé Kahwetna ist definitiv einen Besuch wert, ein Ort, an dem man sowohl mit Einheimischen als auch mit Mitarbeitern der NGO March schnell in Kontakt kommen kann (und gutes WLAN gibt es auch noch).
Folgt man vom Café aus den Gassen den Hügel hinauf, befindet man sich in Jabal Mohsen, wo die Terrassen einiger leerstehender Häuser einen guten Blick auf die umliegende Stadt bieten. Tebbeneh sollte man dagegen nur mit lokalen Kontakten besuchen, aber auch hierfür sind die NGO March und das Kahwetna gute Ansprechpartner.
Minas Küstenromantik: das Warshe 13
Tripoli ist eigentlich zweigeteilt: Die Bebauung an der Küste, also im Westen der heutigen Stadt, war ursprünglich eigenständig und heißt Mina. Mina ist tendenziell christlich geprägt: Hier gibt es Italien-Urlaubsfeeling nur wenige Kilometer von Tripoli Stadt entfernt. Wer abends einen Wein trinken, oder am Sonntag einen Ausflug zu einer der vielen Inseln vor Tripoli unternehmen möchte, ist in Mina genau richtig.
Zwischen dem Autokreisel ‚Groupie‘ und der Küstenstraße Corniche sind Bars und Restaurants aneinander gereiht. Besonders empfehlenswert: Das Warshe 13. Ein kleines Kulturcafé, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, kulturellem Austausch in Tripoli eine Plattform zu bieten. Hier gibt es Filmabende, Bandauftritte und Workshops, lokalem Bier, hausgemachter Limonade und gutem Wlan.
Und wenn einen mal der Hunger packt? Folgt man der Straße ein kleines Stück weiter, liegt rechts ein kleines libanesisches Lokal. Ob das Lokal überhaupt einen Namen hat weiß keiner so genau und auch eine Karte sucht man vergebens. Der Wirt bringt einfach einen kleinen Mezze-Teller nach dem nächsten, begleitet von libanesischem Arak oder Bier. Gutes Essen und schöne Atmosphäre, ein Besuch hier sei jedem ans Herz gelegt.