31. Dezember 2019
Meine Erfahrungen während des Praktikums hier in Vietnam haben mich dazu gebracht, mich mit beiden Kulturen nochmals näher auseinanderzusetzen – der Vietnamesischen und der Deutschen. Was ich aus Vietnam am Ende mitgenommen habe und wie ich mich wieder einlebe, erfahrt ihr hier.
Herzlichkeit und Gastfreundschaft
Der Abschied von meinen Schulen und den Menschen, mit denen ich gearbeitet habe, sowie meinen neu gewonnenen Freunden fiel schwer. Viele gute Wünsche und kleine Aufmerksamkeiten zum Abschied haben mir nochmal vor Augen geführt, wie sehr mich meine Kolleginnen, Freundinnen, Schülerinnen und Schüler geschätzt und ins Herz geschlossen haben. Es hat mir auch gezeigt, dass meine Arbeit dort etwas bewirkt hat. Daher war die Verabschiedung sehr emotional und einzigartig. Die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Vietnamesen, die ich getroffen habe, werden mir besonders im Gedächtnis bleiben.
Was ich über meine eigene Kultur lernen konnte
Als Schulwärts!-Stipendiatin habe ich in den Schulklassen ein aktuelles Bild von Deutschland vertreten. Allerdings bin ich der Auffassung, dass man im Ausland ständig als Vertreter seiner heimischen Kultur agiert. In täglichen Begegnungen und Ereignissen habe ich erfahren wie unterschiedlich Vertreter zweier Kulturen die einfachsten Dinge handhaben können. Deutschland ist für seine Pünktlichkeit und das Einhalten von Regeln bekannt. In Vietnam habe ich erlebt, dass Termine ganz anders gehandhabt werden. Oft wurden diese erst einen Tag zuvor abgesprochen. Auch der Verkehr in Vietnam, über den ich schon oft berichtet habe, weicht sehr stark von der strikten, deutschen Vorstellung ab. In Vietnam läuft meiner Erfahrung nach wenig nach offiziellen Regeln, stattdessen gibt es ungeschriebene Regeln und man verständigt sich spontan – teilweise nur über Blickkontakt. Im Ausland reflektiert man seine eigene Kultur und lernt die Vorteile seiner gewohnten Umgebung zu schätzen, aber je länger man die neue Kultur auf sich wirken lässt, desto mehr Positives kann man ihr entnehmen. Andersherum zweifelt man auch gelegentlich an bestimmten Aspekten der eigenen Kultur, die man zuvor als selbstverständlich betrachtet hat. Insgesamt habe ich so mein interkulturelles Verständnis erweitern können.
Post-travel-depression
Zu Hause angekommen, fällt der Start in den gewohnten Alltag nicht immer leicht. In meiner Reisehistorie habe ich oft die Erfahrung gemacht, dass das Wiedereinleben in den Alltag nach einem langen Aufenthalt im Ausland schwer sein kann. Das „leichte“, unbeschwerte und auch spannende Leben im Ausland wird plötzlich wieder durch den alten Alltag beendet. Man selbst hat sich verändert, ist an sich und seinen Aufgaben und Erfahrungen im Ausland gewachsen, zu Hause ist jedoch alles gleich geblieben – das kann einen schon sehr runterziehen. Wahrscheinlich habe ich das Datum meiner Rückreise clever gewählt, um mich langsam wieder an meine Umgebung zu gewöhnen – vor Weihnachten war die Vorfreude meiner Familie und Freunde und natürlich auch meine eigene umso größer und der Alltag etwas aufgelockerter, sodass mir das Wiedereinleben recht leicht fiel. Die Erfahrung einer post-travel-depression habe ich deshalb nach diesem Aufenthalt nicht so stark verspürt wie es bei mir in der Vergangenheit schon mal der Fall war. Ich war auf die starke Umstellung vorbereitet.
Für mich war die Erfahrung in Vietnam zu leben und zu arbeiten einzigartig. Sie hat mir unendlich viel Freude bereitet und ich will sie nicht missen. Ich konnte mal wieder aus meiner Komfortzone heraustreten, meinen Horizont erweitern und mich persönlich, sowie mit Blick auf meinen späteren Beruf weiterentwickeln. Ich bin wirklich dankbar, dass ich die Gelegenheit zu diesem Auslandsaufenthalt bekommen und genutzt habe.
Giau Nguyen
20. November 2023
Hallo liebe Annabelle,
Ich interessiere mich sehr für Ihren Blog. Könnten Sie mir sagen, was Sie über das Thema Pünktlichkeit in Deutschland im Vergleich zu Vietnam denken?
Liebe Grüße