29. Mai 2023
Es gibt viele Klischees über unsere Freunde auf der anderen Seite des Atlantiks. Ich war vor meinem Auslandsaufenthalt in Berkeley nur in Florida für einen Familienurlaub – und das ist auch schon mehr als zehn Jahre her. Das heißt: So wirklich mit der amerikanischen Kultur war ich bis dato noch nicht in Berührung gekommen. Aber aus Filmen, Büchern oder Serien hat man ja doch irgendwie ein Bild von dem „typischen Amerikaner“ im Kopf. Diesen Blogpost will ich nutzen, um dir von meinen Erfahrungen hier zu erzählen und zu berichten, was ich sowohl über Amerika, als auch die Amis gelernt habe.
Mit Beginn meines Auslandssemesters in Berkeley hatte ich endlich die Gelegenheit, meine bisherigen Vorstellungen und Eindrücke über die USA auf den Prüfstand zu stellen. Ich wollte herausfinden, wie viel Wahrheit in den Klischees steckt und ob sie meinen persönlichen Erfahrungen standhalten würden. Während meines Aufenthalts hier habe ich viele neue Erkenntnisse gewonnen. Im Folgenden möchte ich einige davon mit euch teilen. Los geht’s!
Patriotismus und Nationalstolz
Ich glaube jeder kennt ein paar Stereotypen zu den USA. Was mir als erstes in den Sinn kam, war definitiv der Nationalstolz. Und bisher kann ich das nur bestätigen. Du kommst nicht drum herum, die amerikanische Flagge zu sehen. Eigentlich ist sie überall: auf Häusern, Gebäuden, in Vorgärten, in der Uni, auf jedem großen Platz et cetera. Und wenn es nicht die amerikanische Flagge ist, ist es die Nationalflagge Kaliforniens. Bei jedem Sportevent, bei dem ich war, wird die Hymne gespielt. Und generell habe ich das Gefühl, dass eine ganz andere Verbundenheit zu sowohl den Sportteams, als auch der Uni entgegengebracht wird. Ohne Trikot oder Merchandise kommt keine*r zu einem Spiel und wenn du an der Uni bist, wird eigentlich auch erwartet, dass du dir direkt in einem der vielen „Student shops“ deine Uni Merch kaufst. Oder man bekommt es auf Events geschenkt. Ich besitze mittlerweile mehrere Cal (Abkürzung steht für California) Caps, UC Berkeley Sportshirts, T-Shirts, eine Flagge…mal schauen, was noch dazukommt, bis ich wieder heimfliege 😀
Big, Bigger, USA?
Die Straßen und Autos sind größer als in Deutschland: auf jeden Fall! Es ist zwar nicht jedes Auto ein riesiger SUV oder Pick Up Truck, aber sie sind meiner Meinung nach, trotzdem viel häufiger als in Deutschland vertreten (zusätzlich zu den ganzen Tesla-Autos). Auch die Straßen sind selten einspurig. Was die Highways (das Äquivalent zur deutschen Autobahn) angeht, gibt es oft mehr als vier Spuren pro Richtung. Ehrlicherweise bin ich ganz froh, hier kein Auto fahren zu müssen. Meine Horrorvorstellung ist ja immer noch, dass ich beim Fahren ganz rechts bin, aber eigentlich links abbiegen muss. Viel Glück, da dann noch rüberzukommen! So sind meine Mitbewohnerin und ich bei einem unserer Roadtrips auch unfreiwillig in San Francisco (SF) gelandet, obwohl wir eigentlich wo ganz anders hinwollten. Na ja wir hatten trotzdem einen netten (wenn auch ungewollten) Abend in SF.
Ein Freund hat hier seinen kalifornischen Führerschein gemacht und das Prozedere dafür ist definitiv auch ganz anders als bei uns: Du bezahlst 90 Dollar, bekommst ein PDF-Dokument mit den theoretischen Inhalten zugeschickt, es gibt weder offizielle Theorie- noch Fahrstunden, du machst kurz deine Theorieprüfung online und gehst dann direkt zur Fahrprüfung. Dafür musst du mit einem eigenen Auto kommen und einer Begleitperson, die schon einen kalifornischen Führerschein hat. Das Witzigste dabei? Du darfst dich selbst ganz „legal“ noch vor der bestandenen Fahrprüfung zu deiner eigenen Fahrprüfung fahren. Bei meinem Kumpel hat die Prüfung dann zehn Minuten gedauert, man durfte Fehler machen (wie beispielsweise zehn km/h über der Geschwindigkeitsgrenze fahren) und generell war es wohl eine sehr lockere Atmosphäre.
Oberflächlich oder einfach nur nett?
Amerikaner sind höflich und offen: zum größten Teil ja. Hier ist es natürlich schwierig Generalisierungen zu machen, aber die meisten Amis, die ich getroffen habe, waren alle super lieb. Außerdem finde ich, kann man sie als „Small-Talk Kings and Queens“ beschreiben. Nicht selten bekomme ich hier Komplimente für mein Outfit/Schuhe/Haare/Lächeln/Augen von wildfremden Leuten auf der Straße. Es ist auch ganz normal, mit der Person vor oder hinter einem in der Supermarktschlange zu quatschen (und dem Kassierer:in). Falls du dich mal nicht so gut fühlst, kann ich dir nur empfehlen abends auf die Frauentoilette in einer Bar zu gehen: Die Frauen hier haben es ganz gut verstanden, sich gegenseitig zu pushen. Während meiner Zeit hier habe ich da schon Geburtstagseinladungen und super viele Komplimente bekommen und Fotos mit irgendwelchen Fremden gemacht. Und keine Ahnung, wie ernst diese Komplimente dann tatsächlich gemeint sind, aber ich sag‘s mal so: ob ernst oder nicht, sie tun auf jeden Fall trotzdem sehr gut und sind Balsam für die Seele.
Nur Fast Food?
Dann gibt es da natürlich das allseits bekannte Vorurteil, dass Amerikaner übergewichtig sind. Hier kommt es glaube ich vor allem auf das Umfeld an und die Stadt, in der man sich befindet. In Berkeley kann ich nur das Gegenteil bestätigen: Es gibt super viele, gerade junge Menschen, die Sport treiben. Zu jeder Tageszeit sehe ich Menschen, die joggen. Und auch am Campus kommt eigentlich jede:r in Sportsachen und sieht auch relativ fit aus. Zudem gibt es die ganzen Sport Clubs und Societies. Das heißt für jede Sportart gibt es je nach Level verschiedene Gruppen, denen du beitreten kannst.
Allerdings ist es ernährungstechnisch nicht verwunderlich, dass Übergewicht in diesem Land ein zentraleres Thema ist als beispielsweise in Deutschland. Selbst in Brot ist Zucker oft ein Bestandteil. Im Supermarkt sind Chips und Schokoladen günstiger als Obst und Gemüse. Und es ist auch normal Limonaden oder Boba Tee zu trinken und Wasser ist eher die Ausnahme. Zudem habe ich das Gefühl, dass es mehr Fast Food-Ketten und Burger-Läden gibt als bei uns in Deutschland.
Also alles in allem ist es wie immer: Bei manchen Vorurteilen ist was dran, bei anderen ein kleiner Funke und der Rest macht gar keinen Sinn. Was ist dir denn bisher so aufgefallen? Habe ich etwas Wichtiges vergessen? Schreibe es gern in die Kommentare! 🙂