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Mit langem Atem in Richtung Umzug


Einen Monat lang habe ich im Wohnheim Le Rabot in Grenoble gelebt. Nach den ersten Tagen dort war ich mir sicher, dass ich es keine fünf Monate aushalten werde. Ich musste unter allen Umständen umziehen. Das war aber gar nicht so leicht.

Das International Students and Scholars Office‘ – kurz: ISSO genannt – ist für Austauschstudenten in Grenoble die Anlaufstelle bei allen Problemen. Somit habe ich mich bereits an meinem ersten Tag an die Mitarbeiterin gewandt, die für Wohnangelegenheiten zuständig ist.

„Durchhalten!“

Ich erklärte ihr mit meinem gebrochenen Französisch meine Wohnsituation. Leider war das Gespräch nicht vielversprechend, denn sie sagte mir, dass es verboten sei, das Wohnheim zu wechseln. Außerdem kann sie nichts gegen die Wassersituation in Le Rabot tun. Ich sollte mich an mein Wohnheim wenden, das das Problem eventuell beseitigen würde.

Natürlich beschwerte ich mich ebenfalls bei meinem Wohnheim, doch die Situation wurde während der gesamten Zeit dort nicht besser. Bis heute funktionieren die Duschen nicht vernünftig. Ich befürchtete, dass der Grund für die wenig zufriedenstellende Antwort, im ISSO die Sprachbarriere war. Vielleicht konnte ich nicht deutlich genug machen, wie schlimm die Situation im Wohnheim tatsächlich ist? Ich machte Bilder und Videos und stattete der Mitarbeiterin noch in derselben Woche einen weiteren Besuch ab.

„Nicht aufgeben!“

Diesmal wurde ich von einer Freundin begleitet, die fließend Französisch spricht. Sie übernahm das Reden und das Gespräch zwischen ihnen wurde dadurch viel zu schnell, um es verfolgen zu können. Ich bemerkte, dass es immer hitziger wurde und die Dame sehr unfreundlich mit meiner Freundin sprach. Doch die Mitarbeiterin notierte sich diesmal meinen Namen und gab mir zu verstehen, dass sie schauen wird, ob sich etwas machen lässt. Später erfuhr ich, dass die Dame mich als unbescheiden betitelte und meiner Freundin den Rat mitgab, mir Dankbarkeit beizubringen, dass ich überhaupt irgendwo schlafen darf.

So sollte mein Auslandssemester also aussehen? Ich sollte mich unwohl fühlen, mich mit kaltem Wasser waschen und trotzdem dankbar sein, dass ich überhaupt ein Dach über dem Kopf habe, obwohl einem im Voraus als Erasmus-Student ein Zimmer in einem Wohnheim versichert wurde? Ich wurde wütend und fühlte mich missverstanden, doch der Kampf war für mich noch nicht vorbei. Ich wandte mich an die Studierendenvertretung der Universität. Die Präsidentin nahm sich meiner an und versprach, mir zu helfen. Wir trafen uns am nächsten Morgen, um zusammen zu CROUS, dem französischen Studierendenwerk, zu fahren. Leider konnte CROUS uns nicht helfen, da sie nur die Wohnheime stellen, doch nicht für die Verteilung zuständig sind.

Alle guten Dinge sind Drei

Der Weg führte uns erneut geradewegs in das Büro für Wohnungsangelegenheiten des ISSO. Die Dame freute sich unheimlich, mich zu sehen, und begrüßte mich wie immer herzallerliebst (nicht). Diesmal wollte ich reden, um ihr keine Chance zu lassen mich noch mal als unbescheiden zu bezeichnen. Ich wollte zeigen, dass ich bereit war, den ganzen Laden auf den Kopf zu stellen, um umziehen zu dürfen. Mit einer bedeutenden Hilfe im Rücken wollte ich mich nicht unterkriegen lassen und für mich selbst einstehen. Nach dem hitzigen Gespräch sagte die Präsidentin des Studierendenwerkes, dass wir soeben die Sache geklärt haben, und verabschiedete sich von mir mit einem „Kopf hoch!“. Es vergingen fünf weitere Tage, bis die erlösende Nachricht kam, dass ich in ein anderes Studentenwohnheim ziehen darf. Es sollte für mich in die Residence Ouest gehen, die sich mitten auf dem Campus befindet. Das Kämpfen hat sich gelohnt.

Mein Umzug

Am 3. Februar war es soweit. Zurück von meinem kurzen Aufenthalt in Deutschland konnte ich umziehen. Der Albtraum war nun vorbei und ich schaffte mein Hab und Gut in mein neues Wohnheim. Dankenswerterweise packten einige meiner Freunde beim Umzug mit an.

Es ging für mich nun endlich auf den Campus, wo auch meine übrigen Freunde wohnten. Nun lebe ich in einem 12 m² großem Zimmer mit eigenem Bad. Die Küche teile ich mir mit meiner gesamten Etage und auch hier gibt es keine Küchenutensilien. Ein Kissen gab es ebenfalls nicht, doch da ich mir bereits sowohl Küchenutensilien als auch Kissen gekauft hatte, war das kein Problem.

Es scheint, dass in jedem Wohnheim immer irgendwas fehlt. Im Mietpreis von 289€ im Monat ist hier zum Beispiel kein Toilettensitz inklusive. Diesen musste ich mir noch am selben Tag holen und anbringen.

Man sieht Tobi, wie er dabei ist einen Toilettensitz anzubringen.
Spät in der Nacht lernte ich, wie man einen Toilettensitz adäquat anbringt.

Am Ende ist alles gut

Niemals zuvor hätte ich gedacht, dass ich während meines Auslandssemesters in Frankreich Dankbarkeit für warmes Wasser beigebracht bekomme. Außerdem hätte ich nicht erwartet, dass es so nervenaufreibend werden könnte, umzuziehen. Das alles hatte positive Effekte auf mich und meine Persönlichkeit. Nun fühle ich mich sicherer in meiner Sprache. Ich weiß, dass ich nicht immer die richtigen Worte finde, doch ich habe hier auf die harte Tour lernen müssen, für mich selbst in einer Fremdsprache zu sprechen, in der ich mich nicht 100 % sicher fühle. Außerdem empfehle ich jedem, der ebenfalls im Ausland Probleme hat, sich Hilfe zu suchen. Es ist nicht schlimm, nach Hilfe zu fragen. Meiner Erfahrung nach lohnt es sich, nicht aufzugeben und den Leuten, wenn es sein muss, auch auf die Nerven zu gehen, damit sich etwas tut.

Nun lebe ich seit fast einem Monat in meinem neuen Studentenwohnheim und fühle mich endlich wohl. Ich wohne sehr nah an Supermärkten, in denen ich meine wöchentlichen Einkäufe erledigen kann und nah an meinen Freunden, die manchmal spontan rum kommen. Außerdem bin ich innerhalb von 15 Minuten im Krankenhaus, um meine Praktika früh am Morgen anzutreten. Ich schlafe in einem 100 cm x 200 cm Bett und habe sogar das Glück, einen großen Kühlschrank mit eingebautem Gefrierschrank zu haben. Mit meinen Nachbarn konnte ich mich bereits anfreunden und nun kann ich beruhigt auf die kommenden Monate blicken.

Man sieht den regnerischen Campus.
Ende gut, alles gut.

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