16. Februar 2021
In Deutschland studiere ich eigentlich Medien- und Sozialwissenschaft im Bachelor. Für mich war klar: vor Ende des Studiums möchte ich ein Erasmus-Semester machen! Heute erzähle ich euch, wie es dazu gekommen ist, dass ich auf einmal etwas ganz anderes studiere und wie mein schwedischer Unialltag so aussieht.
Ins Auslandsstudium ohne Sprachkenntnisse?!
Als ich mir damals meine Austauschuni in Schweden ausgesucht habe, konnte ich kein Wort Schwedisch. Der Plan war: Schwedisch-Kurs belegen und Basics lernen. Doch dann kam Corona und alles anders. Komplett online eine neue Sprache zu lernen ist für manche sicherlich eine tolle Erfahrung, ich konnte es mir leider nicht vorstellen. Ohne mehr als „Hej“ und „Tack“ zu kennen, stieg ich in den Flieger und war heilfroh, dass alle meine Kurse hier auf Englisch sind. So kann ich hier meinen Sprachkurs in Ruhe nachholen und im Alltag meinen schwedischen Small Talk verbessern, ohne in meinen Kursen nur Bahnhof zu verstehen. Die Universität Göteborg ist außerdem eine sehr internationale Universität. In meinen Seminaren treffe ich Menschen aus aller Welt – einer der Gründe für mein Studium hier.
Kulturwissenschaft? Wieso das?
An der Universität Göteborg belege ich vier Kurse an der Humanisten-Fakultät. Meine Kurse kommen alle aus dem Bereich Scandinavian Studies: Skandinavian Film and Media Culture, Scandinavian Design, Cultural Perspectives on Gender and Families und Religion in Scandinavia. Da meine Fakultät meiner Heimatuni eine Partnerschaft mit dem Department of Cultural Studies hatte, wurden mir diese Kurse vorgeschlagen. Auch wenn ich eigentlich etwas anderes studiere, wollte ich die Chance nutzen, mal in einen anderen Studiengang zu schnuppern. Übrigens: hätte ich das nicht gewollt, hätte ich mir auch andere Kurse aussuchen können. Wenn ihr euch bei der Kurswahl im Erasmus-Semester unsicher seid, sprecht einfach mit euren Ansprechpartner*innen an den Unis!
Mein (Online-)Unialltag
Das Semester ist hier in vier Quartale aufgeteilt. Mein Stundenplan beinhaltet zwei Kurse, die ich parallel während der ersten beiden Quartale belege, sowie zwei weitere Kurse, die ich ebenfalls parallel in der zweiten Semesterhälfte absolviere. Anders als ich es aus Deutschland kenne, habe ich so nur zwei Veranstaltungen zeitgleich. Außerhalb der Seminarsitzungen, die zurzeit online stattfinden, diskutiert man in Gruppen oder hat individuelle Abgaben, die nebenbei einzureichen sind. Es wird viel Eigeninitiative erwartet und wenige Aufgaben und Teilnahmen sind tatsächlich Pflicht. Ich persönlich mag das sehr, weil eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema möglich ist, ohne unter Anwesenheitsdruck zu geraten. Außerdem sind die Kurse sehr klein: wir sind in keinem meiner Seminare mehr als 20 Teilnehmende. Die Lernatmosphäre ist angenehm und locker, soweit das auf Zoom natürlich möglich ist. Auch zu den Dozierenden besteht ein freundschaftlicheres Verhältnis, als ich es aus Deutschland gewohnt bin. Es ist nicht unüblich, sich zu Beginn der Sitzung erst über die vergangene Woche zu unterhalten.
Auch wenn die meisten Sitzungen online stattfinden, habe ich derzeit jede zweite Woche Filmsichtungen in der Uni. Die Uni Göteborg ist übrigens keine Campus Uni, sondern über die ganze Stadt verteilt. Unter Einhaltung der Hygieneregeln sitzen wir oft nur mit wenigen Leuten in einem riesigen Hörsaal, aber nach knapp einem Jahr Onlinestudium ist es schön, eine Universität mal wieder von innen zusehen. Insbesondere, wenn das Gebäude so aussieht wie hier! Im Humanisten-Gebäude gibt es Lernplätze, Sessel, Gruppenräume, Quiet-Rooms für Meditationen, eine frei benutzbare Küche sowie ein Restaurant und ein Deli (derzeit wegen Corona geschlossen). Mein Highlight: gepolsterte Sessel im Hörsaal. Am liebsten würde ich hier jeden Tag sein! Momentan ist aufgrund der Pandemie das Gebäude nur für Humanisten-Studis mit einem Studentenausweis zugänglich. Unter Abstandsregeln kann man also auch mal zum Lernen in die Uni gehen. Hoffentlich werde ich in den nächsten Monaten noch einige Tage mit Kommilitonen hier verbringen dürfen.