11. September 2020
Im Sommer 2019 ging es für mich zum Studium in die USA zum und im Februar 2020 auf die andere Seite der Welt, und zwar nach Moskau. Natürlich gab es einige Unterschiede – aber auch einige Gemeinsamkeiten.
Die Vorbereitung
Bereits die Vorbereitung lief unterschiedlich, aber nicht aufgrund der Länder, sondern weil ich mich für die USA über meine Heimatuni beworben hatte und dort ein langes Auswahlverfahren durchlaufen musste. In Russland hatte ich mich als Free Mover an meiner Traumuni beworben und wenig Hoffnung gehabt, dass es klappt. Die Zusage für Moskau kam ganz spontan und so wurde aus einem geplanten Auslandssemester gleich ein ganzes Jahr in zwei Ländern. Für den Antrag auf ein Visum für Russland hatte ich nur wenig Zeit. Nach meinem Rückflug aus den USA war ich nur knapp drei Wochen in Deutschland. In der Zeit musste ich umpacken, noch viele organisatorische Dinge erledigen und eben das Visum beantragen. Das hat zum Glück geklappt und es konnte weitergehen.
Ankunft und Unterkunft
Da ich über Thailand nach Russland flog, um noch meine Familie, die sich gerade auf Weltreise befand, zu treffen, war ich genauso müde wie nach dem Flug in die USA. Normalerweise dauert es von Frankfurt nach Moskau nur knapp drei Stunden. Beide Male wurde ich von Bekannten abgeholt und zu meiner Unterkunft gebracht. In den USA hatte ich ein Zimmer in einer WG gemietet, in der Nähe der Uni und in Russland war ich im Wohnheim untergekommen. Das war der größte Unterschied zwischen meinen zwei Auslandssemestern (natürlich abgesehen von der Corona-Pandemie).
In den USA war es zwar eine Umstellung, wieder Mitbewohner zu haben, aber ich hatte ein Zimmer für mich. Dieses war mit allem ausgestattet und schön dekoriert, genauso wie die Küche. Diese war schön und groß und hatte alle Utensilien zum Kochen, die man sich vorstellen konnte. Wir waren zu dritt und somit war das Haus immer sauber und es gab kaum Stau in der Küche oder im Bad. Im Wohnheim in Russland sah das für mich dann ganz anders aus: Mehrere hundert Leute in einem Gebäude, die sich sechs Waschmaschinen teilen. Die ersten zwei Etagen hatten keine Küche, auf die verbliebenen elf Küchen (eine pro Etage) mussten wir uns teilen. Es gab pro Küche zwei Gasherde und eine Spüle, Töpfe und Pfannen mussten wir mitbringen. Oft leifen wir ewig von Küche zu Küche, bis wir eine halbwegs saubere gefunden hatten. Mein Zimmer im Wohnheim war nur mit dem Nötigsten eingerichtet und von liebevoller Dekoration fehlte jede Spur, dafür hatte ich eine Mitbewohnerin im Zimmer und den Luxus, ein eigenes Badezimmer zu haben. Wenn ihr mehr über ein russisches Wohnheim wissen wohl dann schaut mal hier vorbei.
Das Studium
Beim Studiensystem ähneln sich die USA und Russland und unterscheiden sich grundlegend zu Deutschland. In den USA habe ich an der Catholic University of America und in Russland an der Moscow State Institut of internationale Relations (MGIMO) studiert. In meinem beiden Gastländern herrschte immer Anwesenheitspflicht, ich durfte höchstens zwei Vorlesungen verpassen, danach hatte das Auswirkungen auf die Note. Im Bachelor sowie im Master setzt sich die Benotung aus mehreren Einzelteilen zusammen, wie Zwischenprüfungen, Hausarbeiten und der mündlichen Beteiligung.
Ebenfalls in beiden Ländern werden alle Prüfungsleistungen vor dem Semesterende abgelegt, das heißt, dass ich im Semester mehr zu tun hatte, aber auch, dass die Ferien wirklich Ferien sind. In Deutschland hatte ich in fast jedem Fach ein Referat, das nicht benotet wurde, genauso wurde es in Russland gehandhabt. In den USA gab es hingegen nur Präsentationen, wenn diese als Prüfungsleistungen vorgesehen waren. Da in meinem Auslandssemester in Russland Corona zu schlug, wurde eh alles auf virtuellen Unterricht verlegt und auch einige Prüfungen verändert.
Meine Heimatuni in Deutschland, die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt sowie meine beiden Gastunis haben einen überschaubaren und schönen Campus mit Bibliotheken und Mensen. In den USA war das Angebot an Essen enorm groß, aber das meiste war aus der Kategorie Fast Food. In Russland gab es in der Mensa eher gute russische Hausmannskost und immer mal wieder Besonderheiten wie Algensalat.
Ich würde sagen, in allen drei Ländern gab es ein individuelles Campusleben. Da in der USA fast alle Studieren auf dem Campus leben, war dort am meisten los, es gab auch sehr viele Veranstaltungen wie einen Eis- und Malabend, Kürbisverzieren, Dips Around The World oder eine Open Mic Night. In Russland waren die Wohnheime für russische Studierende außerhalb und nur das Wohnheim für internationale Studierenden direkt auf dem Campus. Aber auch hier gab es immer mal wieder Veranstaltungen, wie Maselniza (die Woche vor Ostern). Gut ausgestattete Bibliotheken gab es überall und ermöglichten ruhiges lernen. Für detaillierte Informationen zu meinem Studienverlauf in er USA könnt ihr hier weiter lesen. Da ich in meinen Ländern nur zum Austausch war, konnte ich mir alle Vorlesungen frei wählen.
Abseits der Uni
Moskau und Washington D.C. sind beides Hauptstädte eines riesigen Landes, dadurch ist immer etwas los. An Kultur-, Politik- und Wissenschaftseinrichtungen mangelt es nicht.
Wie bereits erwähnt, hat sich den USA sich viel auf dem Campus abgespielt, deswegen gab es auch einige Studierende, die den Campus kaum verlassen haben. Da das Campusessen nicht so gut war und gerade für viele Internationale Studierende eine Umstellung, sind wir öfters mal essen gegangen. Washington hat ein großes Angebot an Restaurants und lässt kaum Wünsche offen, aber ist gleichzeitig echt teuer. Kostenlos kann man dafür in Museen gehen. Wir haben einiges an Ausflügen machen können, da Benzin und ein Auto zu mieten günstig sind. Von Washington bin ich mit Kommilitonen zu den Niagarafällen und nach Toronto gefahren, der zweite Trip ging in die Städte Charlotte, Atlanta, New Orleans und Nashville. Auch Fernbusse sind günstig, für 5 € (die Hinstrecke) konnte ich nach New York fahren für 20 € (Hin und zurück) nach Philadelphia. Mein letztes Geld habe ich dann nach Vorlesungsende für eine Reise an die Westküste ausgegeben.
Auch in Moskau gibt es jede Menge Angebote. In einem Semester kann man ein bisschen was anschauen, aber lange nicht alles schaffen. Russland ist im Gegensatz zu den USA günstig. Moskau ist zwar mit Abstand die teuerste Stadt im Land, aber gerade für Deutsche noch sehr preiswert. Deswegen freute ich mich, ein paar Theaterstücke und vor allem ein richtiges klassisches Ballett zu sehen.
Doch Corona durchkreuzte meine Pläne. Nach sechs Wochen in Moskau schloss meine Uni. Ich entschied mich dennoch, meine bereits gebuchte Reise nach St. Petersburg, auch die zweite Hauptstadt Russlands genannt, anzutreten. Spontan entschied ich mich, den Polarkreis zu überqueren und ein Wochenende nach Murmansk zufahren. 30 Stunden später stand ich dann am nördlichsten McDonald’s der Welt. Zwei Monate verbrachte ich in Wolgograd, in einer der geschichtsträchtigsten Städte des Landes bei meinen Großeltern. Danach konnte ich wieder nach Moskau und endlich ein bisschen Alltagsleben dort erleben und nachholen. Auch wenn die Theater noch geschlossen waren, schaffte ich es, ein Museum zu besuchen und etwas die Stadt zu genießen. In den vielen Grünanlagen Moskaus kann man Ruhe finden, aber auch viel über die Stadt und das Land lernen.
In den USA konnte ich sehr viel mit Freundinnen und Freunden Reisen, das ging in Russland leider nicht. Dort waren wir meist nur zu zweit unterwegs.
Fazit
Mein Auslandssemester in den USA war ein richtiges und volles Auslandsemester, ungefähr so, wie ich mir das vorgestellt und gewünscht hatte. Ich habe ein ganzes Semester in einem fremden Land verbracht, da ich die einzige Deutsche an der Uni war, habe ich die ganze Zeit Englisch gesprochen und dieses verbessert. Ich habe mit Einheimischen zusammengewohnt und konnte so das Leben in den USA kennenlernen. Durch die vielen Reisen durfte ich das Land aus verschiedenen Perspektiven kennenlernen und feststellen, dass es auch im Amerikanischen Dialekte gibt. Das Land ist riesig und hat viele verschiedene Kulturen. Das Einzige, was ich nicht gemacht habe, ist eine Collegeparty, wie man sie aus Filmen kennt. Dafür würde ich Washington D.C. auch nicht empfehlen.
Das Semester in Russland war hingegen kein richtiges Auslandsemester, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Freude war groß, aber wurde schnell von Corona beendet, bis heute schwanke ich zwischen Trauer über das frühe Ende und Freude, dennoch ein bisschen was mitgenommen zu haben. Ich bin zwar im Land geblieben, war aber die meiste Zeit zu Hause. Durch das frühe Ende habe ich die eine Woche, die ich am Ende in Moskau verbringen durfte, viel mehr geschätzt.
Beide Länder sind interessant, aufregend und einerseits total unterschiedlich und auf der anderen Seite findet man immer wieder Gemeinsamkeiten im größten und drittgrößten Land der Welt. Egal, wie die beiden Semester gelaufen sind, auf ihre eigene Art und Weise haben sie mir Wissen mitgegeben: Über das Land, die Stadt, akademisches Wissen und vor allem auch Wissen über mich selbst.