13. September 2020
Ich fühlte mich genau am richtigen Ort, als ich mit dem Zug über die Ponte 25 de Abril, die Hängebrücke, die nach Lissabon führt, fuhr. Leider war der Strand, an dem ich surfen gehen wollte, nicht ganz so leicht zu finden, wie meine neue Wohnung.
Nachdem mein Freund Gianni und ich mit dem Van über Frankreich nach Lissabon gefahren sind, gingen wir noch eine Woche surfen und verbrachten dann die letzten Tage bis zu seiner Abreise an der Algarve, im Süden von Portugal. Mir hatte das Surfen so viel Spaß gemacht, das für mich klar war, dass ich sobald ich in Lissabon bin wieder aufs Brett möchte.
Ankunft in Lissabon
Am Donnerstag, den 10. 09. 2020 brachte mein Papa mich zum Zug. Meine Eltern hatten es sich nicht nehmen lassen, ihren Urlaub so zu planen, dass sie noch mit mir gemeinsam ein paar Tage in der Nähe von Portimão verbringen konnten. Um sicher zu gehen, dass ich auch ja ins richtige Abteil steige, ist er bis zum Schluss am Bahnsteig stehen geblieben.
Drei Stunden dauerte die Fahrt von Tunes (ca. 30 Kilometer von Portimão entfernt) nach Lissabon. Zugfahren in Portugal ist recht günstig finde ich, das Ticket kostete mich 16 Euro. Auch wenn der Zug die Bezeichnung IC trägt, erinnert er doch mehr an eine Regionalbahn, als an einen ICE wie ich ihn aus Deutschland kenne.
Gegen 12 Uhr fuhr der Zug über die Ponte 25 de Abril, die große rote Hängebrücke, die Lissabon verbindet. Ein großer Fluss, der Rio Tejo mündet bei Lissabon in den Atlantik und teilt somit die Stadt. Ich blickte über das Wasser hinüber zu den roten Dächern der Stadt. Irgendwo dort drüben liegt mein neues Zuhause.
Meine zukünftige Mitbewohnerin Nolwenn und ich hatten die letzten Tage bereits miteinander geschrieben und wir freuten uns beide darauf, uns endlich richtig kennenzulernen. Ich hievte mein Gepäck hoch bis in den dritten Stock, außer Atem kam ich oben an. Sie zeigte mir die Wohnung und ich fing an, mein neues Zimmer einzurichten, so dass ich mich wohlfühlen konnte. Ich verschob eine Stunde lang jedes einzelne Möbelstück einmal an jede Ecke meines neuen Zimmers, bis alles genau da stand, wo es davor stand. Total verschwitzt und unglaublich glücklich betrachtete ich mein Werk.
Am späten Nachmittag gingen Nolwenn und ich zu etlichen Deko- und Wohngeschäften. Nachdem wir unsere Zimmer zusammen ein wenig dekoriert haben, veranstalteten wir unseren ersten WG-Abend.
Ich fühlte mich irgendwie überhaupt nicht fremd und so als würde ich genau hierhin gehören. Am späten Nachmittag des zweiten Tages war ich zum surfen verabredet. Ich hatte mit meinem Freund Gianni nach unserer Ankunft in Lissabon einen einwöchigen Surfkurs in Caparica gemacht und da es mir so viel Spaß gemacht hatte, habe ich mit der Surfschule Search School vereinbart, dass ich nun öfters kommen würde. Zufällig war eine alte Schulfreundin zu Besuch in Lissabon und weil sie auch schon immer surfen lernen wollte, nahm ich sie, ihre Freundin und Nolwenn mit nach Caparica.
Wie die Surfschule zu ihrem Namen kam
Caparica ist ein Teil von Lissabon, der auf der anderen Seite des Tejo liegt, und die Strände hier bieten sich hervorragend zum surfen an.
Zu viert teilten wir uns einen Uber zum Strand. Vom Zentrum aus kostete der Uber ca. 25 Euro. Leider wusste ich den Namen vom Strand nicht und auf der Website der Surfschule war nur die Adresse in der Stadt angegeben. Unser Fahrer war wahnsinnig nett und fuhr mit uns die unterschiedlichen Strandzugänge an, aber vergeblich. Ich konnte mich einfach nicht mehr erinnern, wie die Einfahrt zum Strand aussah. Mein Orientierungssinn ist wirklich zu nichts zu gebrauchen. Als er irgendwann meinte, dass dies der letzte Strand wäre, dachte ich in meiner Verzweiflung, dass wir richtig wären. Wir bedankten uns überschwänglich beim Fahrer. Nur leider musste ich feststellen als ich mir die Strandbar genauer anschaute, dass wir doch falsch waren. Der Uberfahrer war schon weg und wir vier Mädels waren nun irgendwo im gefühlten Nirgendwo.
Ich versuchte die Surfschule zu erreichen, aber niemand ging ans Telefon. Als ich Gianni anrief und ihn hilflos nach dem Strand fragte, wusste er auch nur noch, dass wir über eine Brücke gefahren sind. Na toll, jetzt hatten wir den Salat. Gott sei Dank kannte der Kellner im nächsten Restaurant die Surfschule zu der wir wollten. Wir waren noch 2 Kilometer von unserem eigentlichen Ziel entfernt. Wir stapften über den Strand und für mich sah irgendwie alles gleich sandig aus. Nach 20 Minuten Fußmarsch rief endlich die Surfschule zurück. Als ich ihm sagte, an welchem Strand wir nun waren, musste ich feststellen, dass wir zu weit gelaufen waren. Gut dann also wieder ein kleines Stück zurück.
Jetzt weiß ich auch, weshalb die Surfschule Search School heißt. Mein Surflehrer lachte breit als wir mit roten Köpfen und fast eine halbe Stunde zu spät endlich ankamen. Silva hatte mir und Gianni in unserem Surfurlaub das surfen beigebracht und ich war froh, dass er auch heute wieder mein Lehrer war. Grinsend schüttelte den Kopf und gab uns die Surfboards.
Als wir auf unseren Brettern im Wasser paddelten ging langsam die Sonne im Meer unter. Ob ich mich jemals an diesen Sonnenuntergängen sattsehen werde?
Nach zwei Stunden Salzwasser schlucken, hatten wir uns das Abendessen mehr als verdient.Wir suchten uns an der Promenade noch ein Restaurant. Bei Dr. Bernard gibt es einen veganen Burger, den ich sehr empfehlen kann.
Müde und voller Sand machten wir uns nach dem Essen auf den Rückweg. Mein erster richtiger Tag in Lissabon hätte nicht schöner sein können, trotz kleiner Orientierungsschwierigkeiten.