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Vom Höher, Schneller, Weiter zur Suche nach dem guten Leben

Irgendwo zwischen meiner To-Do-Liste und einem weiteren Kaffee, frage ich mich oft: Was macht eigentlich ein „gutes Leben“ aus? Genau mit dieser Frage beschäftige ich mich während meiner ersten Station meines Erasmus-Mundus-Masters im Auslandssemester in Italien.
Doch bevor wir dorthin komme, lasst uns kurz zurückblicken: Wie bin ich eigentlich hier gelandet?

Leistung war lange Zeit mein Kompass. In der Schule, im Studium, im Praktikum – mein Ziel war klar: mehr erreichen, besser werden, die nächste Herausforderung meistern. Auslandspraktika in Ruanda, Kenia, Gambia und Belgien, später ein Gap Year in einer NGO in Gambia und im Europäischen Parlament in Straßburg – ich war ständig unterwegs, immer auf der Suche nach der nächsten Erfahrung, die meinen Lebenslauf schmücken konnte.

Aber genau da liegt meine Herausforderung: Ich gab mir kaum Zeit, innezuhalten und darüber nachzudenken, was ich aus all diesen Erlebnissen wirklich mitgenommen hatte. Stattdessen hetzte ich von einem Ziel zum nächsten, getrieben von meinen eigenen hohen Ansprüchen und der Angst, nicht genug zu sein.

In meinem Gap Year zwischen Bachelor und Master wollte ich eigentlich reisen und reflektieren – ein Versprechen, das ich mir selbst machte und genauso schnell brach. Am Ende landete ich doch wieder bei zwei Praktika. Der Gedanke, „einfach mal nichts“ zu tun, fühlte sich für mich unproduktiv, zu wenig und schlichtweg falsch an.

Erasmus Mundus: Neuanfang und Prüfstein in Italien

Als ich im September mein Auslandssemester in Italien begonnen habe, fasste ich einen neuen Plan: Schluss mit dem ständigen Streben nach Höherem. Dieses Mal wollte ich den Fokus auf die Frage legen, was mich glücklich macht – unabhängig von Noten, Leistungen oder Erwartungen. Meine Mission: das gute Leben suchen und (hoffentlich) finden!

Ein Erasmus-Mundus-Master schien mir perfekt dafür. Mit Kommiliton:innen aus 18 verschiedenen Ländern war ich gespannt, ihre Perspektiven auf das gute Leben kennenzulernen. Jede:r hat letztlich eine eigene Definition von einem „guten“ Leben – von einem einfachen, ruhigen Alltag bis hin zu großen Karrieren und Abenteuern.

Gespräche mit anderen eröffnen mir nicht nur neue Perspektiven, sondern führen mich auch näher an die Frage heran: Was bedeutet das gute Leben für mich?

Doch die Realität holt mich natürlich schnell ein. Das Semester ist kurz (gerade mal knappe vier Monate), die Anforderungen der Uni und der Professor:innen hoch, und ehe ich mich versehe, sitze ich nun wieder zwischen meinem Druck bezüglich Abgabeterminen und meinen Perfektionsgedanken für die Prüfungen. Der alte Gedanke, immer alles geben zu müssen, klopft wieder an.

Kleine Momente, große Wirkung

Vielleicht liegt es an meinem Hintergrund als Erstakademikerin, dass ich mich oft beweisen will – mir selbst, aber auch anderen. Schon in der Schule war ich es gewohnt, mich durchzubeißen und meine Leistung in den Vordergrund zu stellen. Das sitzt tief, und es abzulegen, ist schwerer, als ich dachte. Natürlich muss ich im Masterstudium auch etwas leisten und es kommt einem nicht zugeflogen, aber ich sehe auch wie sich andere viel weniger Stress und Druck machen. 

Ich versuche mir zur Zeit aktiv Auszeiten zu gönnen. Ausflüge am Wochenende in Italien von Gardasee bis Bologna, Sport, Padel spielen, Tanzen, Spieleabende mit Freund:innen oder einfach ein gutes Buch – all das hilft mir, die Balance im Alltag zu finden. Es sind diese kleinen Momente, die mich daran erinnern, dass das Leben mehr ist als Noten und Leistungen.

Was ich anderen mitgeben möchte

Für alle, die wie ich oft den Druck spüren, immer mehr machen zu müssen, möchte ich sagen: Es ist okay, auch mal eine Pause zu machen, mal durchzuatmen, einfach mal zu chillen. Es ist okay, nicht immer 110 Prozent zu geben. Und es ist vor allem okay, sich die Zeit zu nehmen, herauszufinden, was das gute Leben für einen selbst bedeutet.

Mein Auslandssemester ist noch nicht vorbei, und ich bin gespannt, wohin mich meine Mission führt. Aber eines weiß ich schon jetzt: Der Weg dorthin – mit all seinen Herausforderungen, Reflexionen und kleinen Erfolgen – ist mindestens genauso wichtig wie das Ziel.

Vielleicht liegt das gute Leben genau darin: sich die Erlaubnis zu geben, es zu suchen.

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