26. Oktober 2021
Die Humboldt-Universität zu Berlin ist zentral gelegen und integriert sich wie eine klassische europäische Uni in die Hauptstadt. Ganz anders das University College: Als typische Campus-Uni in den Ausläufern von Dublin gelegen bildet es ein für sich eigenständiges, fast ausschließlich von Studierenden bevölkertes Viertel. Hier kommen meine Vor- und Nachteile einer Campus-Uni abgeleitet aus meinen Erfahrungen am University College Dublin.
Das University College Dublin (UCD) ist in seiner heutigen Form eine für den angelsächsischen Raum typische und seinem lateinischen Namenursprung sehr nahe kommende „Campus“-Uni. Mit dem Campus Belfield wurden in einem Vorort von Dublin – quasi auf der grünen Wiese – die Gebäude der Universität errichtet. Dabei umfasst der Campus neben den Lehr- und Forschungseinrichtungen sämtlicher am UCD angebotenen Studiengänge auch universitätsdienliche Infrastruktur wie Sportanlagen, Wohnraum für Studierende, Einkaufsmöglichkeiten und Grünflächen. Im Gegensatz dazu verteilen sich die unterschiedlichen Fachrichtungen der Humboldt-Universität zu Berlin (HU Berlin) über die Innenstadt.
Aus dem kompakten Aufbau (siehe hier eine Karte des Campus) der Uni ergeben sich für mich in meinem Auslandsemester einige Vor- wie auch Nachteile. Vorweg sei erwähnt, dass ich nicht auf dem Campus wohne und daher sicher nicht alle Vorzüge in vollem Maße miterleben kann, gleichzeitig aber auch einige Nachteile wegfallen.
Vorteile im Bereich Studentenleben, Freizeitangebot und Modernität
Durchmischung der Studiengänge
Dadurch, dass alle Fachrichtungen auf dem Gelände sind, treffen hier auch Studierende aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen aufeinander. Gebäudekapazitäten werden geteilt (zum Beispiel finden Teile meines Seminars zu europäischer Geschichte ebenfalls in der Law School statt) und Essens- und Erholungsmöglichkeiten werden von allen Studierenden gleichermaßen in Anspruch genommen. Dadurch wird ein Austausch auch über die Fachrichtungen hinweg befördert und man lernt schnell sehr verschiedene Leute kennen. Förderlich sind hier ebenfalls die kurzen Wege auf dem Campus selbst.
Freizeitangebot
Die Struktur des Freizeitangebots mit Clubs und Societies ist wohl nicht primär dem Campus-Aufbau geschuldet, sondern dem angelsächsischen Format einer Universität, dennoch bin ich der Meinung das es durch den kompakten Aufbau befördert wird. Von Schwimm- und Kletterhalle bis hin zum Kinosaal finden sich viele Einrichtungen direkt auf dem Campus, die einem Miteinander dienlich sind. Mit 30.000 Studierenden auf dem Campus findet man so schnell Gleichgesinnte.
Modernität
Dieser Punkt lässt sich nicht unbedingt verallgemeinern. Dazu gilt er auf dem Campus Belfield weiß Gott nicht für jedes Gebäude. Die Sutherland School of Law jedoch ist ein moderner Bau mit neuster Technik in den Hörsälen. Das erleichtert hybride Lernveranstaltungen, sprich die Möglichkeit sowohl von vor Ort als auch von zu Hause aus die Vorlesung verfolgen zu können. Auch corona-konformes Lernen und Lehren ist in großen Hörsälen besser zu verwirklichen als im Zentrum Berlins, wo akuter Platzmangel herrscht und die Säle und Seminarraume durch die historische Architektur bedingt nur begrenzt Platz bieten.
Nachteile im Bereich Standort und äußeres Erscheinungsbild
Weite Entfernung zum Stadtzentrum
Der in meinen Augen größte Nachteil einer Campus-Uni ist zwar bewusst im Konzept angelegt, aber gerade wenn man nur für ein Austauschsemester vor Ort ist, nicht zu vernachlässigen. Dadurch, dass der Campus mehr oder weniger auf der grünen Wiese errichtet wurde, ist er auch ein gutes Stück von dem Stadtzentrum entfernt. So muss man jedes Mal eine nicht unwesentliche Busfahrt auf sich nehmen, um die Sehenswürdigkeiten der Stadt samt Museen, Galerien, Parks und Pubs zu erleben.
Auch lässt sich an einer zentrumsnahen Universität das Studium besser mit einer Nebentätigkeit vereinbaren. Zahlreiche Kanzleien und Behörden befinden sich in Berlin in unmittelbarer Nähe zur HU, dadurch kann beides insbesondere zeitlicher besser vereint werden. In Dublin dürfte die Dichte an Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen ebenfalls im Stadtzentrum höher sein als am Rande.
Äußeres Erscheinungsbild
Ein rein oberflächliches Kriterium und für den Studienerfolg nicht relevant, aber persönlich spricht mich das Ensemble der historischen Bauten im Berliner Stadtkern mehr an als der Verbund an Neubauten im Süden der irischen Hauptstadt.
Insgesamt empfinde ich es als Bereicherung, einmal an einer Campus-Uni studiert zu haben und studentisch geführte Clubs und Societies auf dem Universitätsgelände könnten nach meinem Dafürhalten auch für deutsche Unis als Leitbild dienen.