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Warum Kasachstan? Eine Frage, viele Antworten


„Also ich kenne nur Leute, die von Kasachstan nach Deutschland wollen“ – Dieser Frage bin ich, seitdem ich plane als Sprachassistentin in Almaty zu arbeiten, sehr häufig begegnet. Je nach Gesprächspartner*in, Tagesform und Laune gebe ich dann eine der folgenden Antworten:

1. Die pragmatische Antwort

Einfach matter-of-fact-mäßig: Ich werde dort ab September 2016 für zehn Monate an der Abai Universität als Sprachassistentin arbeiten. Dazu muss ich dahinziehen.

2. Die Lebe-Deinen-Traum-Antwort

Schreibtisch mit Rechner und Büchern
Oktober 2015, Prüfungsvorbereitungen – Mein Schreibtisch.

Irgendwann im Oktober 2015, mitten im Stress meiner Prüfungen zum ersten Staatsexamen, mitten in der Sinnkrise, ob es sich wirklich lohnt, den ganzen Tag in der Bibliothek zu sitzen bis 23.45 Uhr der Gong ertönt und man gebeten wird nach Hause zu gehen, begann ich, in einem meiner Tagträume, mein „Leben nach der Uni“ zu planen. Eine Bewerbung als Sprachassistentin in einem Land weit weg von der Zentralbibliothek in Kombination mit einer Aufgabe, bei der ich dieses Wissen, was ich mir gerade qualvoll aneigne doch irgendwie gebrauchen könnte, erschien mir ideal.

Die Bewerbungsunterlagen zusammenstellen bereitete mir große Freude, es war eine willkommene Abwechslung für mein Gehirn, was jede Beschäftigung, die in keinem Zusammenhang mit den Prüfungsthemen stand, als hochinteressant einstufte. Es war so-gesehen eine sinnvolle Prokrastination.

Meine Bewerbung war erfolgreich und viele Monate später, nachdem die Prüfungen längst bestanden und das Bewerbungsgespräch, von dem ich an anderer Stelle noch berichten werde, absolviert waren, muss ich jetzt langsam mal anfangen Koffer zu packen.

3. Die reiselustige Antwort

In dieser Weltregion war ich noch nie. Ich möchte mir gern Zentralasien anschauen, den Alltag dort erleben. Bestimmt ist es dort schön. Oder wenigstens interessant.

Theresa und ihre Gastschwester in traditioneller Kleidung
Touristenfalle und schöne Erinnerung – Foto in „traditioneller“ Kleidung mit meiner Gastschwester Yingxi in China 2008.
Theresa vor dem Peterhof
Peterhof in der Nähe von St. Petersburg, Russland im Sommer 2012.

Ich war zwar weiter östlich – in China und weiter westlich (von Kasachstan, meine ich) in Russland, aber dazwischen fehlt mir noch ein „großes Stück Welt“. Da geh‘ ich jetzt hin.

4. Die philologische Antwort

Ich möchte Russisch lernen. Ich habe zwar ab der 7. Klasse in der Schule bereits Russisch gelernt und auch während meines Studiums einiges an Freizeit in den Erwerb dieser Sprache investiert, aber „Russisch können“ ist etwas anderes. Bei vielen Themen bin ich schnell mit meinem Wortschatz am Ende, auch wenn ich in meinem Kopf noch viele Argumente hätte. An die großartige russische Literatur, z.B. die Romane von Dostojewskij oder die traurig-schönen Gedichte von Achmatowa, traue ich mich aktuell nur in deutscher Übersetzung heran.

Buch "Russisch in Übungen"
Diese Grammatikübungen möchte ich bevor ich Kasachstan erreiche noch durcharbeiten. Aktuell stecke ich noch im Teil eins, alles Schwierige kommt noch.

Ich hoffe, wenn ich in einem Land lebe, wo ich von russisch sprechenden Menschen und Medien umgeben bin, werden sich meine Sprachfähigkeiten nochmal spürbar verbessern. Und wenn ich nebenbei noch ein bisschen Kasachisch aufschnappe, um so besser.

5. Die biographische Antwort

Als ich 2013 in Vilnius an der pädagogischen Hochschule mein Erasmussemester verbrachte und mich für die abenteuerliche Option „Wohnheimzimmer“ entschieden hatte, landete ich in einem Dreierzimmer, zusammen mit einer Studentin aus der Türkei und einer aus Kasachstan. Statt uns über die wenigen Quadratmeter, auf denen wir zusammenlebten, oder die Nutzung des EINEN Schreibtischs in unserem Zimmer zu streiten, freundeten wir uns an.

Theresa und Aigerim in Berlin
Sommer 2015 Freudiges Wiedersehen mit meiner kasachischen Freundin Aigerim in Berlin.

In den Weihnachtsferien 2013 reisten wir zusammen nach Deutschland und feierten mit meiner Familie Weihnachten. Meine Gegenbesuche in der Türkei und in Kasachstan stehen, trotz vielfacher Einladungen, noch aus. Diese Begegnungen haben definitiv meinen Horizont erweitert und mich neugierig gemacht auf diese Länder.

Die drei vor dem Weihnachtsbaum
Weihnachten 2013 – Meine Zimmergenossinnen Aigerim und Burcu zu Besuch in Deutschland.

6. Die trotzige Antwort

Spanien kann jede_r. (Inspiriert von einer Mitschülerin in meinem Russischkurs an der Uni, die unter diesem Titel von ihren Erfahrungen in Moskau 2013 berichtete).

Kombinationen sind auch möglich.

Kommentare
  1. Theresa Fuchs

    9. November 2016

    Liebe Jana,
    das Bewerbungsverfahren ist auf jeden Fall machbar – denn ich bin ja Sprachassistentin geworden :). Ich möchte dich also auf jeden Fall ermuntern es zu versuchen!
    Für die erste formale Bewerbung waren schnell alle Unterlagen gesammelt, besonders da Empfehlungen durch Professor_innen keine große Rolle spielen, konnte ich alle notwendigen Dokumente schnell zusammenstellen. Beim Motivationsschreiben habe ich den Fokus darauf gelegt, warum mich diese Weltregion interessiert (Russisch lernen, Post-Sowjetraum, viel gehört-nie dagewesen) und was für Erfahrungen ich mitbringe, die vielleicht hier von Nutzen sind (erste Unterrichtserfahrung, Mitarbeit in verschiedenen Teams als Ehrenamtliche, Auslandserfahrung in Russland).
    Viel wichtiger war dann aber, meinem Gefühl nach, das Bewerbungsgespräch. Das fand ich sehr hart, wie ich auch in meinem Artikel: https://www.studieren-weltweit.de/kasachstan-was-bisher-geschah/ schreibe. Die Zusage kam für mich letztendlich als Überraschung, ich hatte eigentlich nicht mehr damit gerechnet: Vom Tag der Bewerbung, bis zum Tag der Zusage verging locker ein halbes Jahr.
    Also, wenn du die Spannung aushältst – bewirb dich! Sprachassistentin sein ist auf jeden Fall eine tolle Erfahrung!

    Liebe Grüße,
    Theresa

  2. Jana

    27. Oktober 2016

    Liebe Theresa,
    es ist Oktober und ich befinde mich in einer ganz ähnlichen Situation wie du vor einem Jahr: Ich bin auf den letzten Metern meines Studiums und spiele mit dem Gedanken, ob ich mich für das Jahr 2017/2018 als DAAD-Sprachassistentin bewerben soll. Auf ein bestimmtes Land habe ich mich noch nicht festgelegt, aber mich würde interessieren, wie du das Bewerbungsverfahren erlebt hast und ob du vielleicht irgendwelche Tipps dazu parat hast? Vielleicht könntest du ja auch einen Blog-Beitrag zu dem Thema verfassen?

    Liebe Grüße
    Jana

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