8. Januar 2017
Die vorlesungsfreie Zeit in Kasachstan fällt sehr schön mit der Weihnachtszeit in Deutschland zusammen und so hatte ich nach einem recht stressigen Dezember, ab dem 20.12.2016 frei und konnte mich den Festtagen widmen. Die sind in Kasachstan etwas „verdreht“: Hier wird zuerst Neujahr gefeiert (31.12./1.1.) und dann gemäß dem julianischen Kalender das orthodoxe Weihnachten (7.1.). Wie ich meine ersten Ferien, seit ich im September meinen Dienst als DAAD-Sprachassistentin angetreten habe, verbringe, erfahrt ihr in diesem Artikel.
Mein Expat-Weihnachten
Bereits Anfang Dezember hatte mich meine Freundin und DAAD-Kollegin Sandra eingeladen, mit ihr und ihrem Mann, sowie anderen Bekannten in der kasachischen Hauptstadt Astana Heilig Abend zu verbringen. Als ich dann noch hörte, dass Truthahnbraten mit österreichischen Knödeln und Rotkraut auf der Speisekarte stehen, war ich schnell überredet.
Besonders in den Tagen kurz vor Weihnachten, als von zu Hause über WhatsApp die Bilder von nach-meinem-Geschmack-dekorierten Weihnachtsbäumen und einem Krippenspiel, wie ich es gewohnt bin, eingingen, verstärkte sich in mir die Motivation für „Weihnachtsaktivitäten“. Also begann ich, fleißig wie ein Weihnachtswichtel, Geschenke einzupacken und Plätzchen nach den Rezepten meiner Mutter zu backen. Bis auf Backoblaten ließen sich alle Zutaten ohne Probleme in den kasachischen Supermärkten finden.
Mein Weihnachtsfest selbst glich am ehesten einer Dinnerparty. In der Wohnung meiner Kollegin Sandra Ingelkofer war ein künstlicher Weihnachtsbaum aufgestellt, der Tisch war festlich gedeckt und meine Freund_innen hatten – wie angekündigt – fleißig gekocht. Es war eine sehr gemütliche, festliche Atmosphäre und ich hörte viel, wie in den Familien der Anderen u.a. in den Niederlanden, Österreich oder Tschechien Weihnachten gefeiert wird.
Ein anderes wichtiges „Weihnachtselement“ ist für mich der Weihnachtsgottesdienst. Am heiligen Abend selbst fand in Astana – so zumindest das Ergebnis meiner Recherchen – kein Gottesdienst statt. Aber da der erste Weihnachtsfeiertag ein Sonntag war, gab es am nächsten Morgen gleich mehrere Möglichkeiten. Wir entschieden uns für den russisch-englischsprachigen Gottesdienst in der evangelischen Gemeinde Shangyrak. Dort gab es eine weitere Weihnachtsüberraschung für mich: Es wurde ein Krippenspiel aufgeführt! Die Kinder hatten die Weihnachtsgeschichte in kurzen Gedichten auswendig gelernt, die sie schüchtern und superniedlich auf Russisch und Englisch vortrugen. Das weckte echte Weihnachtsgefühle in mir.
Das Neujahrsfest
Die Neujahrszeit ist die mit Abstand festlichste Zeit in Kasachstan, soweit ich das nach meinen 3 Monaten hier beurteilen kann. Es gab zwar bisher schon jede Menge staatliche Feiertage: unter anderem den Unabhängigkeitstag, für den der 16. und 17. Dezember frei waren und den Tag des ersten Präsidenten, für den am 1. Dezember mein Unterricht ausfallen musste. Aber an die sichtbare allgemeine Freude zu Neujahr reichten diese nicht heran. In Vorbereitung auf das Neujahrsfest wurden alle Straßen festlich geschmückt, in vielen Geschäften und Restaurants wurden bunt dekorierte Tannenbäume aufgestellt und während ich im Taxi saß, wurde ich regelmäßig mit Neujahrsmusik aus dem Radio bedudelt.
Mein Silvester war eine Mischung von deutschen und kasachischen bzw. sowjetischen Bräuchen. Zu Essen gab es Linsensuppe, weil es nach dem Aberglaube meiner Familie hilft, „etwas Kleines“ an Silvester zu essen, um im nächsten Jahr Geld zu haben. Später war ich auf einer WG-Party bei Freund_innen meiner Mitbewohnerin, mit denen ich Mitternacht – genau wie in Deutschland, nur 5 Stunden früher – auf die Straße lief, um von 10 runterzuzählen, Umarmungen und Glückwünsche auszutauschen und anschließend anzustoßen. Die kasachische bzw. sowjetische Tradition, an der ich nur zu gern teilnahm, waren Neujahrsgeschenke. Genau wie bei uns zu Weihnachten schenkt man allen, die man gern hat, etwas und lässt sich beschenken.
Besonders schockierend war für mich, dass am „deutschen“ Weihnachtswochenende (24./25. Dezember) noch mehr Leute als sonst arbeiten gingen, um später länger frei zu haben. Idealerweise die gesamte erste Januarwoche von Neujahr bis zum orthodoxen Weihnachtsfest am siebten Januar. Während der erste und zweite Januar landesweit frei sind, blieb es auch die folgenden Tage in Almaty sehr ruhig. Viele Leute hatten die Stadt verlassen, um zu ihren Familien in andere Teile Kasachstans zu reisen. Ich freute mich über den blauen Himmel: Weil auf den Straßen nur halb so viele Autos als sonst unterwegs waren, gab es spürbar weniger Smog.
Und jetzt?
Dieses Wochenende feiern die orthodoxen Christen in Kasachstan ihr Weihnachtsfest. Einige Leute, die vermuteten, dass ich christlich bin, wünschten mir deswegen gestern „Frohe Weihnachten“ – „С Рождеством!“ In der Nacht vom 6. zum 7. Januar gehen orthodoxe Gläubigen in die Kirche, am 7. Januar trifft man sich und isst mit Freund_innen oder Familie. Geschenke gibt es aber nicht, die wurden schon an Neujahr alle verteilt.
Die Uni beginnt erst am 16. Januar wieder und bis zur ersten Deutschstunde habe ich noch ein paar Tage frei. Also gehe ich so oft ich kann Snowboarden und versuche direkt einen meiner Vorsätze – mehr Sport – in die Tat umzusetzen. Außerdem will ich die verbleibende freie Zeit intensiv mit Russisch lernen, einem weiteren meiner Vorsätze, verbringen.
Insgesamt hatte ich in diesem Jahr sehr andere, interessantere aber genauso entspannte Feiertage, wie die letzten Jahre in Deutschland. Ich denke meine innere Uhr kennt in Bezug auf Weihnachten und Neujahr keine Zeitverschiebung – und Ende Dezember muss ich einfach Plätzchen backen, egal wo ich bin!