29. Juni 2020
Als ich mir mein erstes Veganista-Eis geholt habe, lief das ungefähr so: „Eine Kugel Kokos und uhm … kurze Pause, in der ich so tue, als ob ich überlege, damit die Reihenfolge stimmt. Mache nur ich das? … und eine Kugel Himbeere.“ – „Im Becher oder im Stanitzel?“ – „Im was?“
Stanitzel, selten Stanitzl, das
Gebrauch: besonders österreichisch
Bedeutung: spitze Tüte
Quelle: Duden.
An diesem Tag, einem meiner ersten in Wien, wurde mir klar, dass ein Stanitzel bei uns als Eiswaffel bekannt ist sowie, dass Deutsch nicht immer gleich Deutsch (bzw. österreichisch/ wienerisch) ist. Und ich in Wien wohl doch noch das ein oder andere „Fremdwort“ lernen müsste. Zu Beginn meines Auslandssemesters hatte ich in diesem Beitrag als Pluspunkt für ein Semester in Österreich angeführt, dass hier die „Sprachbarriere“ wegfällt. Und das ist prinzipiell auch der Fall, denn offiziell spricht man in Österreich Deutsch.
Wiener Schmäh – was für’n Schmäh?
Doch wie der bayerische, sächsische oder schwäbische Dialekt in Deutschland hat auch das Wienerische so seine Eigenheiten, die man als „Wiener Schmäh“ bezeichnet. Natürlich verstehen die Wiener Hochdeutsch. Doch wenn du die Kassiererin an der Supermarktkasse mit „Hallo“ begrüßt und dann auch noch „mit Karte, bitte“ zahlen möchtest, kann es schon sein, dass du etwas schief angeschaut wirst. Um dem entgegenzuwirken, kannst du dir zum Beispiel „Grüß Gott“ und „mit Bankomat, bitte“ angewöhnen. Für alle, die mal einen auf waschechten Wiener machen wollen, folgt nun ein Wiener Schmäh-Crashkurs am Beispiel des alltäglichen Einkaufs.
Der alltägliche Gang zum Supermarkt – nur nicht am Sonntag
Was die Öffnungszeiten der Supermärkte betrifft, ist Österreich doch sehr konservativ geprägt. Unter der Woche haben die meisten Läden bis 19 Uhr geöffnet, am Samstag nur bis 18 Uhr und am Sonntag sperren die meisten (bis auf wenige Ausnahmen an Bahnhöfen zum Beispiel) gar nicht auf. „Aufsperren“ heißt übrigens so viel wie „öffnen“. Aber gut, nehmen wir mal an, du hast es rechtzeitig zum Supermarkt geschafft, den Staubzucker (Puderzucker) und Germ (Hefe) erfolgreich gefunden und auch noch ein paar Marillen (Aprikosen) und Vogerlsalat (Feldsalat) in deinen Einkaufskorb gepackt. Schließlich gibt’s Obst und Gemüse gerade um (ab) nur 1 € – was ein Schnäppchen! Also ab zur Kassa. Und nein, ich dachte auch erst, es sei ein Schreibfehler, ist es aber nicht. In Österreich heißt die „Kasse“ „Kassa“.
Grüß Gott
„Grüß Gott“, wird die Kassiererin nun sagen. In Österreich der Standard, um Leute zu begrüßen, die man siezt. Es entspricht unserem „Guten Tag“. Leute, die du duzt, kannst du einfach mit „Hallo“ begrüßen. Richtig wienerisch wäre „Servus“ oder „Grüß dich“. Aber mal angenommen du kennst die Kassiererin nicht, dann grüßt du natürlich mit „Grüß Gott“ zurück. Die Kassiererin meines Vertrauens stieg nach einigen Wochen sogar von „Grüß Gott“ zu „Grüß dich“ um, was doch zeigt, dass die Wiener gar nicht so unfreundlich sind, wie ihnen oft nachgesagt wird.
Ein Sackerl?
Die Kassiererin wird dich fragen, ob du ein Sackerl (eine Tüte) möchtest, welches du dankend ablehnst, da du – umweltbewusst wie du bist – deinen eigenen Jutebeutel zückst. Nun bezahlst du entweder mit Bankomat (EC-Kartenzahlung) oder kramst etwas Bargeld aus deinem Geldbörsel (Geldbeutel). Zu guter Letzt wird die Kassiererin dich fragen, ob du die Rechnung (den Kassenbon) möchtest und schon folgt die Verabschiedung.
Wiederschaun
Die wienerische Verabschiedung ist der typisch deutschen sehr ähnlich, mit einem kleinen Unterschied: Statt „Auf Wiedersehen“ sagt man in Wien „Auf Wiederschauen“ oder kurz „Wiederschaun“. Unter Freunden sagt man meist „Baba“, was „Babaaa“ ausgesprochen wird und total süß klingt. Ein einfaches „Tschüss“ oder „Ciao“ versteht aber natürlich auch jeder.
Spickzettel
Das waren nur einige wenige Wiener Ausdrücke, die ich in meiner Zeit in Wien aufgeschnappt habe. Über das Semester hinweg habe ich kontinuierlich eine Liste mit – oft witzigen – Ausdrücken geführt, die mir neu waren. Es folgt eine kleine Auswahl meiner Favoriten.
Es geht sich aus: Es passt/ klappt/ funktioniert.
Kein Zoom-Meeting verging, ohne dass eine*r meiner Kolleg*innen (Kommiliton*innen) „Es geht sich (nicht) aus“ gesagt hätte: „Ich hoffe, wir bekommen die Präsentation bis zur Deadline fertig.“ – „Ach das wird sich schon ausgehen.“
Heuer: dieses Jahr, in diesem Jahr
Mein erster Tag an der Uni Wien, die Professorin erzählte: „Heuer behandeln wir folgende Themen …“ Mehr bekam ich leider nicht mit, da ich mich so über dieses seltsam klingende Wort wunderte, dass ich es erstmal googeln musste. Um dann herauszufinden, dass es einfach nur so viel wie „in diesem Jahr“ bedeutet.
(Be-)nützen: (Be-)nutzen
Wenn jemand „benützen“ sagt, könnte ich an die Decke gehen. In Wien ist es allerdings gang und gäbe, auch auf offiziellen Schildern.
Oida: Alter
„Oida“ funktioniert ähnlich wie „Alter“ im Deutschen. „Oida“ drückt Gefühle aus wie Überraschung, Ärger oder Verwirrung. Eine gute Übersicht findest du in diesem Tutorial.
Leiwand (Achtung ein Adjektiv!): cool, super
Ur: eine Art Steigerungsform wie etwa „voll“, z. B. „ur leiwand“
Hausübung: Hausaufgabe
Fenstertag: Brückentag
Fußgeher: Fußgänger
Bim: Straßenbahn
Rauchfangkehrer: Schornsteinfeger
Schönwetter/ Schlechtwetter: Schönes/ schlechtes Wetter
Übersiedeln: umziehen
Jänner: Januar.
Brigitta Zaman
4. August 2024
Wie nennt man in Österreich eine „Pause“ ??