30. September 2016
Die Wohnungssuche in London hat mich Nerven gekostet und mir das ein oder andere graue Haar beschert. Doch das Blatt wendete sich: Anstatt von einer Besichtigung zur anderen zu hetzen, war ich auf einmal auf der Suche nach passenden Mitbewohnern …
Nachdem ich schon entnervt meine Standards für ein Zimmer senken, mein Budget erhöhen und mich von der Idee verabschieden wollte, ein gemütliches zweites Zuhause in London zu finden, passierten drei Dinge. Das erste war eine Uni-Veranstaltung. Das zweite war eine Gleichgesinnte. Das dritte war Glück.
Aber von vorne: In meinem zweiten Jahr meines Masters spezialisiere ich mich auf Wirtschafts- und Finanzjournalismus. Im Rahmen der Einführungswoche hatten wir einen Einführungskurs bei Bloomberg, einem Finanzdienstleistungsunternehmen. Das Unternehmen bietet also Daten aus unterschiedlichen Finanzbereichen, hauptsächlich für Investmentbanken, Institutionen und Unternehmen an. Ein Zugang zu den Diensten kostet außerdem nicht wenig Geld. Kurz: Das Angebot Bloombergs ist so teuer und speziell, dass der Otto-Normal-Verbraucher lieber darauf verzichtet.
Das alles klingt ziemlich trocken, aber Bloomberg kann mehr. Unter dem Befehl POSH gelangt man zu einer Art Kleinanzeigen-Seite, wobei die angebotenen Produkte alles andere als „klein“ sind – hier findet man Immobilien in zahlreichen Städten en masse, meist zu Preisen, bei denen einem der Atem stockt.
Meine Freundin, mit der ich mir zu der Zeit ein AirBnB-Zimmer teilte, und ich klickten uns eigentlich nur aus Spaß durch die Angebote. Doch plötzlich fanden wir ein Mietangebot für eine neu renovierte Wohnung, die nicht nur annähernd erschwinglich war, sondern auch noch eine recht gute Lage hatte. Wir machten ein Foto von der Anzeige.
„Lass uns den Bloomberg-Typen anrufen, wir haben nichts zu verlieren“
Nach einer weiteren Wohnungsbesichtigung mit einer Agentur, die eine horrende Miete für eine nicht-zentral gelegene, schmuddelige Wohnung mit winzigen Zimmern verlangte, hatte ich endgültig genug vom Londoner Wohnungsmarkt. „Lass uns den Bloomberg-Typen anrufen“, schlug ich meiner Freundin – ebenfalls verzweifelt auf Wohnungssuche – vor, „wir haben nichts zu verlieren.“
Gesagt, getan – schon bald konnten wir die Wohnung besichtigen. Für uns zwei war sie zu teuer, aber der Vermieter willigte ein, dass wir untervermieten dürfen. Außerdem verlangt er nur eine Kaltmiete. Internet, Wasser, Gas, Strom, Gemeindesteuern – all das müssen wir selbst regeln. Unser finanzielles Risiko ist größer als bei einem all-inklusive Zimmer, besonders durch unsere Abhängigkeit von potenziellen Untermietern. Denn alleine können wir die Miete nicht stemmen. Dafür haben wir aber eine schönere Wohnung, die wir uns trotzdem leisten können. („Eine gute Übung fürs spätere Leben“, findet mein Vater.)
Happy End – endlich eine Wohnung in London
Nach hoffnungsvollem Bangen und wildem Hin- und Herrechnen sind wir nun in die Wohnung eingezogen und haben zwei nette Mitbewohner gefunden. Ich fühle mich in meinem Zimmer pudelwohl – für Londoner Verhältnisse ist es recht groß, hell und ich habe ein Doppelbett (quasi Luxus). Wer nicht wagt, der nicht gewinnt – in diesem Fall ist das Sprichwort wahr.