27. März 2023
Als ich angefangen habe zu studieren, war ich überzeugt davon, während meines Bachelorstudiums kein Erasmus zu machen. Das hatte einen guten Grund: Auslandserfahrungen können ganz schön aufwendig sein und das wollte ich nicht. Was genau hat meine Meinung geändert? In diesem ersten Teil nehme ich euch mit in den Prozess ein Auslandssemester zu wagen.
Wenn Du wissen willst, warum Belfast mein Favorit ist, kannst Du den zweiten Teil lesen. In diesem ersten Teil zeige ich Dir, warum ich überhaupt ins Ausland gehen wollte. Ich muss zugeben, die Entscheidung doch ein Erasmus zu machen, hat auch mich und mein Umfeld überrascht. Aber erst mal von Anfang an. Warum wollte ich kein Erasmus machen?
Der Beginn des Studierens war das Ende meiner Reisen
Ganz einfach: Ich wollte Beständigkeit. Der Beginn meines Studiums in München war das Ende von meinen bisherigen spontanen Reise- oder Umzugseinfällen. Zu dem Zeitpunkt war ich an keinem Ort länger als ein halbes Jahr. Mit meinem Studium in München habe ich mich entschieden, an einem Ort zu bleiben und zu leben. Mein Drang, andere Welten und mich in unbekannte Situationen zu werfen, war gesättigt.
Für mich war die Entscheidung, kein Erasmus zu machen, wichtig. Mein Gefühl über Erasmusaufenthalte hat da schon gestimmt: Auslandserfahrungen bringen viel Umbruch mit sich, manchmal auch Abbruch, manchmal auch Stresssituationen und Unsicherheit. Dafür gibt es aber auch einen Schatz an Erfahrungen, man wächst über sich hinaus, Sprachkenntnisse werden besser und es macht sich gut im Lebenslauf. Trotzdem wollte ich das bewusst nicht. Der Wunsch, für längere Zeit an einem Ort zu sein, war größer. Ich dachte mir immer, wenn ich Erasmus wirklich machen will, kann ich das doch noch im Master machen. Außerdem wusste ich, dass die Entscheidung und Planung für einen Auslandsaufenthalt schon mindestens anderthalb Jahre davor beginnen sollten. Diesen Aufwand konnte ich mir zu Beginn meines Studiums nicht vorstellen.
Corona hat die Karten neu gemischt
Tja, aber es kam, was niemand kommen sah: Corona.
Das soll nicht so verstanden werden, dass mir langweilig wurde, mir die Decke auf den Kopf gefallen ist und ich unbedingt ‚mal raus musste‘. Im Nachhinein betrachtet war es ein schleichender Prozess. Ich begegnete Kommiliton*innen, die ein Erasmussemester gemacht haben (trotz Corona), das hat mich inspiriert. Tief in mir war da wohl doch schon vor meinem Studium der Wunsch, im Ausland zu studieren, am liebsten auf Englisch und am liebsten in Großbritannien. Damals wusste ich noch nicht, dass Großbritannien nicht Nordirland mit einschließt.
Politisch korrekt gehört Nordirland zum Vereinigten Königreich. Wusstest du, dass Großbritannien nur die Länder Schottland, England und Wales auf der Insel meint?
Von anderen zu hören, dass sie ihre Erasmusaufenthalte gemeistert haben, hat mich ermutigt. Zweifel hatten diesen Gedankenprozess auch begleitet: Kann ich überhaupt auf Englisch studieren? Sprechen ja, aber studieren!? Vorlesungen verstehen und Texte schreiben? Kann ich mir das finanziell überhaupt leisten? Brauche ich dafür nicht ein paar Tausender auf der Seite trotz des Erasmuszuschusses?
Ich nahm an (Online-)Infoveranstaltungen von meiner Uni teil, die Wege in einen Auslandsaufenthalt aufschlüsseln sollten. Plakate an den Wänden der Uni haben mich regelmäßig daran erinnert, dass ich es doch mal probieren könnte. Währenddessen hat die Pandemie mein Leben neu durchgeschüttelt und noch mal andere Voraussetzungen geschaffen. Der Gedanke, temporär ins Ausland zu gehen, erschien mir nicht mehr so unattraktiv. Nach drei Jahren Studium inklusive vier Onlinesemestern hatte ich das Gefühl, dass Corona mir ein Stück unbeschwerte Studienzeit genommen hat. Ich bekam Lust auf ein anderes Studienleben. Warum also nicht für ein Semester in ein anderes Leben eintauchen? Allerdings wollte ich nicht ein Erasmussemester machen, nur um es gemacht zu haben. Es sollte nicht einfach eine weitere beliebige Auslandserfahrung sein.
Ein Sprung ins kalte Wasser
Im Januar sind an meiner Uni die Bewerbungsfristen für Auslandsaufenthalte für das jeweils kommende akademische Jahr. Das heißt, ich hatte mich im Januar 2022 für den Aufenthalt im Jahr 2023 beworben. Die Entscheidung, sich zu bewerben, kam sehr spontan. Um ehrlich zu sein auch ein bisschen aus einer FOMO (fear of missing out) heraus, der Angst etwas zu verpassen. Was ist, wenn ich keinen Master mehr mache, sondern gleich arbeiten werde und dann gar nicht mehr diese Chance nutzen kann? Und was ist, wenn es wegen des Brexits gar nicht mehr möglich sein wird, im Vereinigten Königreich ein Erasmussemester zu machen?
Zwei sehr gute Freund*innen hatten sich mit mir über ihre Erasmusbewerbung ausgetauscht. Das hatte mir den nötigen Tritt gegeben, eine Entscheidung zu treffen. Kurzentschlossen habe ich mich beworben – ohne Plan, ob das überhaupt funktionieren wird. Denn der Bewerbungsschluss war bereits in drei Tagen. Kurz vor der Deadline habe ich alles, was es gebraucht hat (Motivationsschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse, Bewerbungsbogen), schnell zusammengekratzt. Der entscheidende Punkt, mich bewerben zu wollen, kam aus einer Vision: dass ich vielleicht doch in Belfast, in Nordirland mein Studium noch mal auf ein neues Level bringen könnte. Daraus ist eine sehr schöne Motivation geworden, von der ich im zweiten Teil mehr berichte.
Cheers,
Lane