1. Oktober 2020
Wunderschöne Landschaften, endlose Strände und blaue Lagunen mit kristallklarem Wasser. Dieses Bild hat wohl jeder vor Augen, sobald er an Zypern denkt. Es gibt aber leider noch eine Schattenseite, die genau das Gegenteil darstellt – das musste ich vor Ort in den letzten Wochen schmerzlich feststellen.
Mit Bildern von verschmutzten Landschaften möchte vermutlich kein Land seine Touristen oder neue Bewohner anlocken. Aber auch ohne passende Bilder hätte ich es mir denken können: Es gibt hier ein Müllproblem. Das ist keine Überraschung auf einer Insel. Die Bewohner produzieren eben Abfall und irgendwo müssen die Überreste ja hin. Zypern wird von dieser Angelegenheit nicht verschont. Das Thema beschäftigt mich sehr und ich habe mit Einheimischen hier in Limassol darüber gesprochen. Aber erst einmal zeige ich euch im Folgenden die Tatsachen.
Die Vorder- und Rückseite
Es gibt hier also eine bildschöne Seite, die ich und ihr vermutlich ebenfalls aus Urlaubsangeboten für Zypern kennt. Diese Strände und Landschaften sind auch in Wirklichkeit sehr schön, das möchte ich überhaupt nicht bestreiten. Ich genieße jedes Wochenende den Anblick von paradiesischen Orten.
Diese positive Seite mit den schönen Ausblicken und dem blauen Meer, existiert also – sie wurde zum Glück nicht mit Hilfe von Bildbearbeitungsprogrammen zusammengebastelt, aber die Rückseite ist ebenfalls vorhanden. Und die Folgende gefällt mir so gar nicht:
Entsorgung und Trennung von Müll
- Wie soll das System der Müllentsorgung hier denn normalerweise funktionieren?
- Werden die Abfälle separiert?
Offiziell wird der Müll hier getrennt in diesen Kategorien entsorgt:
- PMD
- Beinhaltet: Plastikflaschen/ Behälter/ Tüten, Metallverpackungen, Papier-basierte Trinkverpackungen (Drinking packages)
- Beinhaltet nicht: Plastikspielzeug, Plastikstühle, Plastikteller, Polystyrol
- Papier
- Beinhaltet: Kartons, Zeitungen, Werbeprospekte
- Beinhaltet nicht: Papierverpackungen, Taschentücher, Toilettenpapier, Saftverpackungen, Papierteller, Polystyrol
- Glas
- Beinhaltet: Glasflaschen, Gläser
- Beinhaltet nicht: Glasscheiben, Tassen, Lampen, Porzellan, Glasgeschirr
Die getrennten PMD- und Papier-Abfälle werden pro Woche jeweils ein Mal von einem Müllwagen eingesammelt. Oder sie können alternativ selbst in einem Container entsorgt werden. Glasflaschen und Gläser müssen jedoch zu Containern gebracht werden, die vereinzelt in den jeweiligen Städten aufgestellt sind. Bei mir zum Beispiel steht in der Nähe ein solcher Glas-Container, direkt vor einem Supermarkt.
Hier findet ihr noch mehr Infos zum Thema Mülltrennung und das daraus resultierende Recycling.
Wo liegt die Ursache?
Für mich als „Teilzeitbewohner“ Zyperns ist das schwer zu sagen. Nach Gesprächen mit einigen Zyprioten und Menschen, die hier schon einige Zeit leben, sagen diese jedoch ganz klar: Die Bildung in diesem Bereich ist nicht ansatzweise ausreichend. Alles zum Thema Müll ist in den Schulen lange nicht so präsent, wie wir es aus Deutschland kennen. Ich habe, wie viele andere Schulkinder in meiner Heimat, von klein auf zum Beispiel im „Hofdienst“ meiner Schule oder bei verschiedenen Müllsammel-Aktionen gelernt, dass es sich nicht gehört Abfälle einfach irgendwo in die Natur zu werfen. In meiner aktuellen Wahlheimat habe ich den Eindruck, dass viele Menschen hier nicht wirklich darauf achten. Es scheint normal zu sein und deswegen scheint es, als ändert sich kaum etwas. Aber es tut sich doch etwas.
Ein weiterer Grund, warum die Themen Mülltrennung und Naturschutz hier nicht so präsent erscheinen, wie sie sein könnten oder anderswo sind? In Gesprächen mit Einheimischen habe ich erfahren, dass man sich auf Zypern eine lange Zeit um andere Themen, wie zum Beispiel den Ausbau der Straßen, die Wiedervereinigung (bis heute ist das Land gespalten) oder die generelle wirtschaftliche Entwicklung kümmern musste.
Ein letzter entscheidender Faktor sind die Touristen, die hier ihre Urlaubszeit verbringen und sich in dieser so „sorglosen“ und „unbeschwerten“ Zeit natürlich nicht mit ihrem Müll beschäftigen möchten. Somit kommt es nicht selten vor, dass Plastikflaschen einfach liegen gelassen werden – an dieser Stelle ist mir am letzten Wochenende fast übel geworden. Sofort bin ich zu den Touristen gelaufen und habe sie darauf hingewiesen, ihren Plastikbehälter mitzunehmen. Die Umweltverschmutzung ist hier ohne diese Hilfe schon präsent genug. Aber laut mancher Bewohner hat sich die Lage bezüglich des Müllproblems in den letzten Monaten immerhin ein wenig verbessert.
Auf dem Weg zur Besserung
In Limassol und auf der gesamten Insel wird das Thema immer präsenter. Das führte und führt auch weiterhin zu den folgenden Aktivitäten:
- Die Organisation „Green-Dot Cyprus“ organisiert jedes Jahr das „Festival of Recycling and Environment“ (dieses Jahr fällt es aufgrund von Corona leider aus)
- Das „Center for social innovation“ organisiert Beach Clean Up Events
- Neugründung von Non-Profit-Organizationen zum Thema Recycling in Zypern
- Behälter für Mülltrennung werden vermehrt aufgestellt.
- In den Schulen wird das Thema präsenter behandelt mithilfe von passendem Lehrmaterial
Es wird also etwas unternommen, um diese Sache in den Griff zu bekommen, wenn auch nur langsam. In Limassol scheint man von Standards wie wir sie zum Beispiel aus Deutschland kennen noch weit entfernt – von einem Pfandflaschen-System wird hier wahrscheinlich in vielen Jahren noch geträumt. Aber ich bin mir sicher, dass Fortschritte erzielt werden können, wenn das Thema schon den Kindern und Jugendlichen in den Schulen von Beginn an nahegebracht wird. Aufmerksamkeit ist gefragt und der Rest verbessert sich dann hoffentlich automatisch.
Bis zum nächsten Mal,
Jan